Myrmecina graminicola: Herkunft des Sexualpheromons?

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Myrmecina graminicola: Herkunft des Sexualpheromons?

Beitragvon Merkur » Dienstag 17. Juli 2018, 09:09

Bei Myrmecina graminicola stammt der weibliche Sexuallockstoff nach Verhaltensexperimenten eindeutig aus der Giftdrüse.
Eine neue Arbeit wirft Zweifel daran auf:
https://www.researchgate.net/publicatio ... and_esters
New chemical data on the ant Myrmecina graminicola (Formicidae, Myrmicinae): Unusual abundance of alkene hydrocarbons and esters.
Alain Lenoira, Alix Khalila, Nicolas Châlineb, Abraham Hefetz.(2018)
(Neue chemische Befunde bei Myrmecina graminicola (Form., Myrm.): Ungewöhnliche Häufigkeit von Alken-Kohlenwasserstoffen und Estern.)

Biochemical Systematics and Ecology
Volume 80, October 2018, Pages 39-42
Keywords: Ants Esters Hydrocarbons Poison gland Mymecina

ABSTRACT
We investigated the possible origin of the specific odor of the terricolous ant Myrmecina graminicola by elucidating its pattern of volatiles. It appeared to have a very large hypertrophied poison gland reservoir, which contains copious amounts of acetate and propionate esters that are also present on the cuticule. The poison gland was previously reported as the source of sex pheromone, but the finding that queens and workers exhibited the same ester patterns tends to refute their role in sex attractants, and their biological significance remains elusive. The composition of cuticular hydrocarbons in this species is also highly original as it mostly comprises alkadienes and alkatrienes (70%), which is unusual and may be an adaptation to subterranean life. Neither the esters nor the cuticular hydrocarbons vary qualitatively and quantitatively between various localities in France, including Corsica.

Zusammenfassung
Die erdbewohnende Myrmecina graminicola hat einen spezifischen Geruch, dessen Ursprung wie durch Analyse ihrer flüchtigen Verbindungen untersuchten. Wir fanden, dass sie sehr große, hypertrophierte Giftdrüsen-Reservoire hat, die große Mengen von Acetat- und Propionat-Estern enthält, die auch auf der Cuticula zu finden sind.
Die Giftdrüse hat man früher als Quelle des Sexuallockstoffes dargestellt. Doch weisen Königinnen und Arbeiterinnen dasselbe Muster an Estern auf, was gegen diese Deutung spricht. Die biologische Funktion dieser Verbindungen bleibt schwer erklärbar.
Die Zusammensetzung der cuticularen Kohlenwasserstoffe ist auch sehr besonders, da sie hauptsächlich Alkadiene und Alkatriene (70 %) umfassen, was ungewöhnlich ist und eine Anpassung an die unterirdische Lebensweise sein könnte. Weder die Ester noch die cuticularen Kohlenwasserstoffe unterscheiden sich qualitativ und quantitativ zwischen verschiedenen Fundorten in Frankreich einschließlich Korsika.

Anmerkung: Der Befund, dass Giftdrüsensekret als Sexualpheromon bei M. graminicola dient, stammt aus unseren Untersuchungen (einschließlich Zucht dieser Art). Die Autoren berücksichtigen leider nicht, dass dieselben Verbindungen in unterschiedlichem Kontext ganz verschiedene Funktionen haben können: Was bei Gynen der Anlockung und Stimulation der Männchen dient, kann bei Arbeiterinnen als Spurpheromon ganz ähnliche Bedeutung haben, „übersetzt“ etwa: „komm her, komm mit!“ - Im Freiland werden diese Verbindungen räumlich und/oder zeitlich getrennt an unterschiedlichen Stellen eingesetzt, zur Paarung an der Oberfläche; zur Rekrutierung auf unterirdischen Laufwegen.
Wir haben beonachtet, dass in der Enge der Labor-Formikarien Männchen auch auf Arbeiterinnen aufreiten, und sogar zur Verhängung gelangen. Ungeklärt ist bisher, weshalb so etwas zum Tod der Arbeiterinnen führt. Siehe Zitat am Ende dieses Beitrags *)

Bei Harpagoxenus sublaevis dient das Sex-Pheromon aus der Giftdrüse den Gynen als Sexuallockstoff, bei Arbeiterinnen als Tandem-Pheromon auf dem Sklavenraubzug.
Bei Myrmica spp. wird von Haltern immer wieder berichtet, dass Männchen im engen Formikar bei Arbeiterinnen aufzureiten versuchen.

Meines Erachtens ist mit der hier referierten Arbeit keinesfalls widerlegt, dass das Giftdrüsensekret der Gynen als Sexuallockstoff dient!

Literatur *) https://ameisenwiki.de/index.php/F%C3%B ... raminicola
„Für Arbeiterinnen tödliche Paarungen bei der Ameise Myrmecina graminicola (Hymenoptera: Formicidae)“.
S. auch hier im AP!
Myrmecina ArbPaarung web.jpg
Für Unbefugte tödlicher Sex!
MfG,
Merkur
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