Hallo Aeda,
Danke für die Rückmeldung; ich hoffe, es war ein schöner Urlaub!
Nach dem, was Du am 11. August geschrieben hast, konnte ich natürlich nicht ahnen, wie weit Du in die Thematik involviert bist.
Das Forum hier ist nicht „wissenschaftlich“; die Mehrzahl der User hat keine Biologie studiert, manche sind noch Schüler, und man trifft hier zusammen um über die Haltung von Ameisen zu diskutieren, über Beobachtungen und Probleme. Die scheinbar einfache Frage „Schlafen Ameisen?“ wurde in diversen Ameisenforen bereits gestellt und nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet; u. a. habe auch ich mich darum bemüht.
Zwar habe ich nie über circadiane Rhythmik bei Ameisen gearbeitet, dafür aber Einiges über Jahreszyklen und deren Steuerung herausgefunden. Im Bereich der Tagesperiodik des Sexualverhaltens war ich darauf gestoßen, dass hier
Temperaturrhythmen als Zeitgeber viel bedeutender sind als Lichtrhythmen! Das war mir wichtig für die Zucht von bestimmten Ameisenarten (Tribus Formicoxenini, züchtbare Sozialparasiten, ehemalige Gattungen
Doronomyrmex,
Myrmoxenus,
Chalepoxenus u.a.).
Einerseits konnte ich so z. B. bei dem Sklavenhalter
Harpagoxenus sublaevis die Sexualaktivität von abends ca. 20-22:00 in die „Dienstzeit“ vorziehen, andererseits z. B. Arten verkreuzen, die unter Freilandbedingungen um ein paar Stunden versetzt ihr Locksterzeln zeigten (es sind Arten mit „ground swarming“).
Das waren allerdings eher Nebenergebnisse, denn mehr haben mich die - damals wenig bekannten - grundlegenden Fakten der Biologie solcher Arten interessiert. Heute würde man das unter „life history“ einordnen.
Ok; ich war zeitgleich mit Bert Hölldobler Doktorand am damaligen Inst. f. Angew. Zoologie in Würzburg. Er wurde 1966 promoviert, ich 1967. Wir kennen uns also sehr gut.
Die Themen zu denen der Link führt wurden von mir durchaus gelesen, allerdings stehen da sehr viele falsche und veraltete Dinge (die Veröffentlichungen sind aus den späten 80ern, da kam sehr viel hinterher)
Da würde ich doch gerne etwas zu Vorsicht mahnen! Natürlich macht die Forschung Fortschritte, sonst wäre es keine Wissenschaft. Aber wenn man schon „
falsche und veraltete Dinge“ anspricht, sollte man diese wohl doch genau nennen, sonst entsteht bei Laien leicht der Eindruck, dass
alles fragwürdig ist, was die „Alten“ publiziert haben. Jede wiss. Erkenntnis ist so lange „richtig“ bis sie - vielleicht – durch bessere Erkenntnisse ersetzt wird!
Das gilt auch für die Zukunft: Ich bin sehr sicher, dass auch Euer Sonderforschungsbereich eine gewisse „Fehlerquote“ produzieren wird, was man aber dann vielleicht erst in 10 oder 20 weiteren Jahren peu à peu korrigieren wird.
Und was noch nicht veröffentlicht ist, kann natürlich kein Außenstehender wissen.
Übrigens kann ich nur jedem hier Mitlesenden empfehlen, mal einen Blick auf diese Seite zu werfen:
http://www.sfb1047.uni-wuerzburg.de/ins ... hrstuehle/Der Sonderforschungsbereich nennt sich „
timing“. Ich glaube, so mancher Forums-User wird überrascht sein, wie viele hoch qualifizierte Wissenschaftler sich da mit diesem Thema befassen!
Das war nicht immer so. Viele Forscher aus meiner aktiven Zeit waren eher Einzelkämpfer, oder haben sich mit einem bzw. ein paar wenigen am selben Thema Interessierten zusammen getan um eine bestimmte Fragestellung zu bearbeiten. Man hat sich halt einen oder zwei Doktoranden von der DFG für ein Thema im Einzelverfahren finanzieren lassen. Ich persönlich habe das vorgezogen (war auch mal in einem SFB „Verhaltensmodifizierende Naturstoffe“; kenne also das Prinzip).
So, damit will ich mal abschließen. Ich möchte aber darum bitten, dass Du uns „Unbedarften“ möglichst kurz und für Laien verständlich eine nach dem derzeitigen Wissensstand aktuelle Antwort auf die Frage
„Schlafen Ameisen“ gibst.
Aus den in Deinem Link angegebenen Veröffentlichungen könnte sich ein Fachmann gewiss einige neuere Erkenntnisse ableiten, aber ich selbst sehe mich außer Stande, die Fülle an Arbeiten danach zu durchforsten. So wäre es nett, wenn Du, als insider mitten in der Thematik stehend und mit den neuesten Erkenntnissen versehen, uns dabei behilflich sein könntest!
MfG,
Merkur