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Camponotus nicobarensis - Diapause durch ext. Faktoren?

BeitragVerfasst: Samstag 25. Januar 2020, 13:14
von Antspy
Hi!

Ich habe eine Kolonie Camponotus nicobarensis seit etwa Mitte 2019. Gänzlich untypisch entwickelt sich die Kolonie kaum und stagniert, beziehungsweise ist durch den Verlust der ersten Pygmäen die Kolonie sogar etwas geschrumpft. Hier vermute ich Umweltparameter, wie suboptimale Temperatur oder Diät. Beides sollte inzwischen gut angepasst sein, aber... die Heizung fiel für zwei Tage aus, was die Temperatur kurzfristig auf 15°C gesenkt hat. Das ist etwa 8 Wochen her, und seitem verhält sich die Kolonie wie einheimische Camponotus sp. in Winterruhe. Es gibt keine erkennbare Brut, die Gyne ist lebendig aber legt derzeit keine Eier. Die etwa zehn Arbeiterinnen sitzen gruppiert im RG-Nest und fouragieren nur extrem selten - nehmen dann aber die "neue" Nahrung (Mottenlarven) sehr gerne an. Die Gaster der Arbeiterinnen sind erkennbar maximal gefüllt, die Gyne hingegen wirkt nicht physiogastrisch. Die Normalisierung der Temperatur hatte übrigens keinen Einfluss mehr auf das Verhalten, inzwischen hat die Arena wieder ~24°C

Hypothese:
Der kurze Temperatursturz hat bei der Kolonie eine Diapause ausgelöst, wobei diese nun endogen gesteuert scheint, da die Temperaturerhöhung auf Normalniveau keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten der Kolonie zeigt.

Wie sehr ihr das?

Re: Camponotus nicobarensis - Diapause durch ext. Faktoren?

BeitragVerfasst: Samstag 25. Januar 2020, 16:23
von Reber
Hallo Antspy,
ich halte die Art nicht. Es kann gut sein, dass du recht hast. Camponotus nicobarensis stammt aus Südostasien. Aber ihr Verbeitungsgebiet reicht von der östlichen Mitte Chinas bis nach Java. Welche Habitate bewohnen die Ameisen dort? Stammen sie aus einer ganzjährig tropischen Gegend, die kaum jahreszeitliche Temperaturchwankungen aufweisen? Oder aus Steppen und Halbwüsten? Aus Tälern oder aus bergigen Gegenden? Da unterscheidet sich das Klima natürlich. Die Fragen sind von Belang, weil man einen Anhaltspunkt hätte, was die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu einer Diapause verleiten könnte: Tiefere Temperaturen? Regenzeit? Und/oder eher hohe Temperaturen und Trockenheit? Lange Rede kurzer Sinn: es kann sein, dass schon kurzzeitige "kalte" Nächte eine Periode ankündigen, in der die Tiere pausieren müssen.

Dolichoderus quadripunctatus.JPG
Aus eigener Beobachtung kann ich sagen, dass die Unterschiede bei den Ameisenarten gross sind. Camponotus ligiperdus zum Beispiel hat eine starke "innere Uhr", auch wenn externe Faktoren fehlen, es noch schön warm ist, leitet die Art die Winterruhe ein. Manica rubida gehen ohne den externen Faktor "Kälte" nicht in den Winterruhemodus.
Bei der Umstellung auf "Normalbetrieb" nach der Winterruhe, scheint andauernde Wärme bei allen Arten die ich kenne zentral zu sein. Aber auch hier gibt es grosse Unterschiede. Die Dolichoderus quadripunctatus hier im Bild, hatte ich beim dem Anbringen von Nistkästen am 7. Januar gefunden.

Ich wollte die Tiere in ein Gipsnest umziehen lassen, um sie in der Winterkiste unterbringen zu können. Deshalb hielt ich sie erst mal im Zimmer, der Umzug erfolgte rasch, aber kurz nach dem Umzug (zwei Wochen nach dem Fund), entdeckte ich Eier. Bei Solenopsis fugax holte ich zwei Gynen nach kurzer Winterruhe im Kühlschrank bereits Ende Dezember ans Warme. Bisher erfolgte keine Eiablage. Es scheint, als zeige die "innere Uhr" den Tieren an, dass sie noch nicht gründen können. Natürlich sind das nur einzelne Beobachtungen und die Interpretation bleibt eine Spekulation...

Re: Camponotus nicobarensis - Diapause durch ext. Faktoren?

BeitragVerfasst: Samstag 25. Januar 2020, 20:41
von Sir Joe
Hallo Antspy,

auch wenn für Camponotus nicobarensis oft geschrieben wird, dass sich die Kolonien schnell entwickeln, darf dies denke ich nicht falsch verstanden und eventuell mit z.B. Pheidole sp. gleich gesetzt werden. Ohne das jetzt direkt auf dich zu beziehen, habe ich schon öfters das Gefühl gehabt, dass die Erwartungshaltung bei bei dieser Art sehr hoch ist.

Meine Kolonie brauchte auch erst ein paar Monate um ordentlich in die Gänge zu kommen und wie Reber schon angemerkt hat, ist das Verbreitungsgebiet von Camponotus nicobarensis wirklich groß. Ich weiß von meinem Händler, dass meine Kolonie aus dem Großraum Guangzhou (China) kommt, dort kann die Temperatur im Winter durchaus auch auf 0°C abfallen und ich hatte auch schon mal das Gefühl, dass meine Kolonie eine Diapause einlegt.

Ich würde dir also zuerst raten, bei deinem Händler einmal nachzuhaken, ob er dir den Herkunftsort deiner Kolonie wenigstens grob nennen kann, mit dieser Info wärst du sicherlich um einiges schlauer was das Verhalten deiner Kolonie betrifft.

Um dir dann noch weiter helfen zu können, wäre es schön von dir ein paar mehr Angaben zur Koloniegröße zu bekommen. Wie groß war die Kolonie als du sie bekommen hast? Ich habe heraus gelesen, dass es jetzt noch 10 Arbeiterinnen sind obwohl Pygmäen gestorben sind, wurde denn bereits eine Brut in deiner Obhut aufgezogen? Und ganz wichtig noch, wie warm ist der Nestbereich und wird dieser von dir befeuchtet?

Schöne Grüße,
Sir Joe

Re: Camponotus nicobarensis - Diapause durch ext. Faktoren?

BeitragVerfasst: Sonntag 26. Januar 2020, 11:06
von Antspy
Hi!

Denke kaum, dass mir der Händler noch den Herkunftsort dieser speziellen Kolonie nennen kann - aber ich versuche es trotzdem :)

Ich halte einige Componotini, daher bin ich langsame Entwicklung gewöhnt :) Initial hatte die Gyne etwas Brut, die auch aufgezogen wurde. Die Kolonie hat jetzt eine Größe von ~8 Arbeiterinnen, gekommen war sie mit 6 Arbeiterinnen und zur Spitzenzeit waren es 10-11 Tiere. Als Nest dient noch ein abgedunkeltes RG in der Arena, der Wassertank ist voll und die Tiere halten sich auch dort auf, wenn ich ihnen alternative Nester anbiete. Die Temperatur ist also wie in der restlichen Arena etwa 24°C (die abgelegenste Ecke ist etwas wärmer, aber da haben die Tiere anscheinend kein Interesse daran). Gestern Nacht wurde wieder aktiver fouragiert, aber neue Brut gibt es keine. Da Geduld ja eine Tugend bei den Ameisenhaltern ist, lasse ich sie einfach mal, versorge sie weiter und reagiere auf eventuelle Veränderungen :)

lg