Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Hier können Fragen rund um das Thema Ameisenhaltung gestellt werden.

Re: Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Beitragvon Merkur » Freitag 25. Juli 2014, 20:00

Hallo Boro:

Gerade gesehen! http://eusozial.de/viewtopic.php?f=78&t ... 987#p29857 (von Frank M. » Fr 25. Jul 2014, 19:35)
Der Versender der Gründungskolonie ist aus Wien...
Man könnte sich die Haare ausreißen über den Unverstand mancher "Mitmenschen". :(

Schönes WE wünscht
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Re: Die Amazonenameise Polyergus rufescens

Beitragvon Trailandstreet » Freitag 25. Juli 2014, 20:29

Sag das bitte nicht den Österreichern, dass Du Wiener auch für Menschen hältst.
Ich frag mich, abgesehen davon, wie die Haltung funktionieren soll. Wie sollte die Kolonie dauernd die nötigen Raubzüge hinbekommen?

sollte das mit dauerndem "Pushen" hinzubekommen sein?

mal ganz davon abgesehen, dass die Art unter Schutz steht.
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Zuletzt geändert von Trailandstreet am Freitag 25. Juli 2014, 23:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Reber » Freitag 25. Juli 2014, 22:55

Hallo Leute, ich habe eure Beiträge hierher verschoben, um über die Aufzucht und Haltung der Amazonenameise Polyergus rufescens kontrovers diskutiern zu können, ohne Boros Beitrag zu unterbrechen.

Für Halter in der Schweiz erledigt sich das Thema eigentlich sowieso: Polyergus rufescens ist hier eine geschützte Tierart, es ist verboten die Tiere...

...zu töten, zu verletzen oder zu fangen, sowie ihre Eier, Larven, Puppen, Nester oder Brutstätten zu beschädigen, zu zerstören oder wegzunehmen;

b. lebend oder tot, einschliesslich der Eier, Larven, Puppen oder Nester, mit- zuführen, zu versenden, anzubieten, auszuführen, andern zu überlassen, zu erwerben, in Gewahrsam zu nehmen oder bei solchen Handlungen mitzuwirken.

http://www.admin.ch/opc/de/classified-c ... /451.1.pdf


In anderen Ländern ist das nicht so, jeder muss es selber wissen. Die Haltung von seltenen bzw. regional stark gefährteten Tierarten ist aber auch hier nicht unumstritten. Auch wenn die Entnahme von einzelnen schwärmenden Gynen nicht den Ausschlag für die Bedrohung der Art geben dürfte, muss die Frage erlaubt sein, warum ausgerechnet solche Arten in den Formis von Liebhabern enden sollen? Und die Frage, was passiert, wenn Händler massig Tiere der Natur entnehmen, um sie bei steigender Nachfrage in die Wohnzimmer von Ameisenhaltern zu verkaufen?

Dass die Ameisen kaum artgerecht gehalten werden können (Raubzüge) hat Trailandstreet ja schon angetönt - bei anderen Arten werden zwar auch Abstriche gemacht, aber hier wird ja gerade das Verhalten getroffen, dass die Art auszeichnet. Ausserdem scheint die Art über längere Zeit sehr schwer zu halten sein, da Hilfsameisen und schlüpfende P. rufescens in Gefangenschaft aneinandergeraten?
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Merkur » Samstag 26. Juli 2014, 08:43

Rote Liste(n) und Schutzstatus sind zwei Paar Stiefel!

Ich habe es zwar bereits viele Male im AF und andernorts gepostet, aber hier noch mal zur Klarstellung:
Rote Listen bedrohter und gefährdeter Arten werden von nicht-staatlichen Organisationen und Privatleuten aufgestellt, oft allerdings auf Anforderung staatlicher Stellen. Sie werden genutzt um z. B. schutzwürdige Gebiete (NSG) auszuweisen, oder um die RL-Arten bedrohende Bauvorhaben auszubremsen usw., leider oft ohne merkbaren Erfolg.

Nur solche Arten sind "besonders geschützt" oder "streng geschützt", die in den Naturschutz- bzw. Artenschutz-Verordnungen ausdrücklich aufgelistet werden. Unter den Ameisen sind das in D ausschließlich die Arten der Hügel bauenden Waldameisen, Untergattungen Formica s. str. und Coptoformica. In Nachbarländern können weitere Arten gesetzlichen Schutz genießen.

Auch "vom Aussterben bedrohte" Arten wie Polyergus rufescens genießen in D lediglich den Mindestschutz, der Entnahme aus der Natur, Haltung usw. durchaus gestattet, wenngleich nicht in unvernünftigem Umfang.

Dennoch halte ich (meine persönliche "Meinung"!) es für unangebracht, solche Arten für Haltungszwecke zum Privatvergnügen aus der Natur zu entnehmen. "Naturliebe" und Verständnis für Naturschutzbestrebungen kann ich dabei nicht erkennen. Es muss aber jeder Beteiligte mit seinem Gewissen ausmachen, ob er seine Privatinteressen über das allgemeine Interesse an der Erhaltung interessanter und schöner Arten stellen will. "Vernunft" ist dabei hilfreich bei der Überwindung des (m. o. w. verständlichen) Wunsches, auch eine solche Art "einmal gehalten zu haben".

MfG,
Merkur
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Boro » Samstag 26. Juli 2014, 08:52

Die Schweiz ist für mich in vieler Hinsicht ein Vorbild, nicht nur weil zufällig Polyergus rufescens als geschützte Art gilt. In Diskussionen im hiesigen Naturwiss. Verein trete ich seit langem für die Unterschutzstellung aller seltenen, im Bestand gefährdeten od. gar vom Aussterben bedrohten Lebewesen ein. Man muss generell von der Ansicht wegkommen, nur was dem Menschen nützlich erscheint sei schützenswert, alles andere wäre irgendwie uninteressant od. sich selbst überlassen (im besten Fall) oder gar "unnütz" bzw. bei Insekten als "Ungefziefer" einzustufen. Für den Biologen gibt es kein "Ungefziefer" und kein "Unkraut"!
Selbstverständlich bedarf es dabei eines Umdenkprozesses, der in breite Bevölkerungsschichten hineingetragen werden sollte, eine gefährdete Art nur auf ein Stück Papier zu schreiben ist zu wenig. Im konkreten Fall der eidgenöss. Vorschriften ist es doch besser als gar nichts, es wird zumindest kundgetat, dass es sich um eine schützenswerte, seltene Art handelt.
Nun, hier gibt es auch zwischen den Foren unterschiedliche Grundsätze: Das Team des alten AF war in den letzten Jahren bemüht, Tierarten, die auf Roten Listen auftauchen, vom Handel (Angebot u. Nachfrage) auszuschließen. Das wird in diesem Forum - wenn ich mich nicht täusche - in gleicher Vorgangsweise vollzogen.
Ich kenne den Absender durch zahlreiche Kontakte über die Foren als Kenner der Art relativ gut und würde ihn als seriös einstufen. Mich würde es daher nicht wundern, wenn er die Art an den Adressaten, den ich persönlich kennen gelernt habe, gratis weitergegeben hat, also nicht des Profits wegen! Der Absender ist nicht nur "Halter" im eigentlichen Sinn, sondern zeigt großes Interesse an der Erforschung der Art. Hier treffen wir uns beide, ich ziehe jährlich ein Polyergus-Nest auf (durch 10 Jahre waren es immer 2) - allerdings um es in ein geeignetes Habitat zur Ansiedlung der Art bzw. zur "Verdichtung" der Bestände freizusetzen, wobei ich selbstverständlich die notwendige Distanz zu bestehenden Nestern wegen der ausgeprägten Konkurrenzsituation einzuhalten versuche. Das Nest 2014 ist schon fast fertig, es wird bereits im August freigesetzt. Dazu habe ich stets nur alate Gynen verwendet, die sich infolge der oben erwähnten Konkurrenzsituation in einer aussichtslosen od. bedrohten Situation befanden. Was ich damit meine, werde ich demnächst wieder an Hand eines Beitrages erklären.
Ich beobachte die Tiere lieber in "freier Wildbahn", wo sie ihr naturgegebenes Verhalten an den Tag legen, das Verhalten unter Laborbedingungen entspricht nicht immer jenem im Freien. Mehr als 250 Beobachtungen von Raubzügen, das klingt wirklich verrückt, aber wer sich Ameisen als Forschungsobjekt aussucht, muss wohl immer ein wenig "verrückt" sein......Ich habe auch die Zeit, die Berufstätige nicht haben, aber man muss sie eben gezielt einsetzen!
Für mich ist es der Jagdtrieb schlechthin, man weiß nie, ob und wann es "losgeht", man kennt das "Opfer" nicht, die Interaktion zw. Aggressor und Verteidiger hat viele Varianten und man kann keineswegs sagen: das ist ja immer das Gleiche...
Die "Büchse" des Jägers wird durch die Kamera ersetzt.
Ich würde keine Art der Roten Listen versenden und auch nicht ständig im Kunstnest halten. Ich hoffe, dass sich sowohl Adressat wie Adressant dessen bewusst sind und durch entsprechende Beiträge in den Foren den Versuch unternehmen, die Kenntnisse über eine interessante, sozialparasitisch gründende Art zu erweitern.
L.G.
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Die_kleine_Ameise » Samstag 26. Juli 2014, 09:12

Boro hat geschrieben:Die Schweiz ist für mich in vieler Hinsicht ein Vorbild


Das Minarettverbot etc. sind schon dolle Dinge... (kleiner Spaß unter Nachbarn :D )

Boro hat geschrieben:Hier treffen wir uns beide, ich ziehe jährlich ein Polyergus-Nest auf (durch 10 Jahre waren es immer 2) - allerdings um es in ein geeignetes Habitat zur Ansiedlung der Art bzw. zur "Verdichtung" der Bestände freizusetzen, wobei ich selbstverständlich die notwendige Distanz zu bestehenden Nestern wegen der ausgeprägten Konkurrenzsituation einzuhalten versuche.


Ist diese Ansiedlung dauerhaft erfolgreich? Bei den Waldameisen ist aus solchen Versuchen ja leider nichts geworden.

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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Boro » Samstag 26. Juli 2014, 09:50

Anfangs gab es auch Ausfälle, vor allem weil mir nicht bewusst war, dass Intermorphe (mit denen man genau so ein Nest gründen kann) nie (?) begattet sind. In den letzten 7 Jahren hatte ich gute 90% Erfolg!
L.G.
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Trailandstreet » Samstag 26. Juli 2014, 10:27

Boro hat geschrieben:Anfangs gab es auch Ausfälle, vor allem weil mir nicht bewusst war, dass Intermorphe (mit denen man genau so ein Nest gründen kann) nie (?) begattet sind. In den letzten 7 Jahren hatte ich gute 90% Erfolg!
L.G.


Wie darf ich das verstehen? Die intermorphen "gründen" auch eine Nest. Sie rauben also Fremdbrut (mit ihren Amazonenkolleginnen) und lassen sich durch die Hilfsameisen betüddeln, bekommen dann allerdings keinen Amazonennachwuchs...und irgendwann sitzen sie mit den Hilfsameisen alleine im Nest und keiner macht mehr die Raubzüge.
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Reber » Samstag 26. Juli 2014, 11:13

Boro hat geschrieben:Selbstverständlich bedarf es dabei eines Umdenkprozesses, der in breite Bevölkerungsschichten hineingetragen werden sollte, eine gefährdete Art nur auf ein Stück Papier zu schreiben ist zu wenig. Im konkreten Fall der eidgenöss. Vorschriften ist es doch besser als gar nichts, es wird zumindest kundgetat, dass es sich um eine schützenswerte, seltene Art handelt.


Der grösste Vorteil ist sicher, dass die Tiere nicht von Händlern angeboten werden dürfen, bzw. nicht ins Land gesendet (Zoll). Natürlich heisst das nicht, dass es nicht doch Wege gibt. Aber zumindest kann so vermutlich verhindert werden, dass die Tiere zu 100 für den Handel eingesammelt werden.

Mich würde es daher nicht wundern, wenn er die Art an den Adressaten, den ich persönlich kennen gelernt habe, gratis weitergegeben hat, also nicht des Profits wegen! Der Absender ist nicht nur "Halter" im eigentlichen Sinn, sondern zeigt großes Interesse an der Erforschung der Art.


Dagegen wäre dann auch nicht viel einzuwenden.
Ausser eben, dass dadurch die Nachfrage nach den wunderschönen und interessanten Tieren auch bei Leuten gesteigert wird, denen man seine Lasius niger nicht mal über die Ferien anvertrauen würde.

Das Nest 2014 ist schon fast fertig, es wird bereits im August freigesetzt. Dazu habe ich stets nur alate Gynen verwendet, die sich infolge der oben erwähnten Konkurrenzsituation in einer aussichtslosen od. bedrohten Situation befanden. Was ich damit meine, werde ich demnächst wieder an Hand eines Beitrages erklären.


Da freu ich mich schon drauf!

Die_kleine_Ameise hat geschrieben:Das Minarettverbot etc. sind schon dolle Dinge... (kleiner Spaß unter Nachbarn :D


Tja, die seit 1891 ununterbrochene, direkte Demokratie treibt mitunter solche "Blüten". Aber um Mehrheiten hinzukriegen, muss man eben von der Sache nicht zwangsläufig etwas verstehen. ;) So, ist aber genug Off-Topic!
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Boro » Samstag 26. Juli 2014, 14:34

Ich möchte noch hinzufügen, dass gerade Polyergus rufescens kaum "artgerecht" zu halten ist. Was bedeutet "artgerecht"? Inwieweit kann Tierhaltung in Gefangenschaft überhaupt artgerecht sein? Man müsste hier verlangen, dass Mindeststandards der Tierhaltung einzuhalten wären, in unserem Fall sollten die Parameter der Tierhaltung einigermaßen stimmen (Temperatur, Tag- u. Nachtschwankung d. T., Luft- u. Nestfeuchtigkeit, Ernährung) und vor allem ein entsprechender Bewegungsraum. Bei der Bewegungsmöglichkeit - sprich der Größe der Terrarien - gibt es meist grundsätzliche Probleme in der Haltung. Die Haltungsparameter im engeren Sinne dürften bei Lieferant und Empfänger (soweit ich das aus persönlichen Kontakten bzw. durch Videos weiß) stimmen, beide kann man sicher als "Profis" in der Haltung bezeichnen.
Bei Polyergus kommt aber die fast einzigartige Lebensweise hinzu, die grundsätzliche Notwendigkeit fremde Nester von Serviformica spp. zu erkunden und deren reife Brut zu rauben um die eigene Existenz abzusichern. Ich meine, dazu sollten wenigstens 5, besser aber an die 10 Serviformica-Nester in einer gewissen (unterschiedlichen) Distanz zu erreichen sein, also durch Schlauchverbindungen zwischen den Terrarien. Das wäre ein großer Aufwand, dazu braucht man ein ganzes Zimmer. Wer hat den Platz, wer tut sich die Arbeit über längere Zeit an?
Mehr als fragwürdig wäre eine Haltung in einem Terrarium, in welches man von Zeit zu Zeit Puppen von Serviformica spp. gibt, also "pusht" und so über längere Zeit das Nest am Leben erhält. Damit würden die Verhaltensweisen der Art empfindlich gestört und man müsste eine derartige Halung als absolut nicht artgerecht bezeichnen. Außerdem wäre der Großteil der interessanten Interaktionen zw. Jäger und Opfer nicht ersichtlich, das ganze Prozedere wäre auf das Eintragen der Brut bzw. das Töten von mit der Brut eingebrachten Hilfsameisen beschränkt.
Diese Beobachtung ist vielleicht 5 Mal interessant und spannend (?), dann wird es langweilig und öde, letztlich bleibt nur die Arbeit...
L.G.
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Die_kleine_Ameise » Samstag 26. Juli 2014, 15:14

@ Boro Wie wirkt sich denn das Einsetzten von deinen aufgezogenen rufescens auf die Ameisen etc. aus die da schon leben? Positiv oder negativ? Gibt es Studien dazu? Auch ist nicht das Fangen einer Königin und die Haltung an der Gefährdung schuld. Es ist wegen dem Menschen zu wenig Lebensraum da. Wie bei Manica rubida. Sollte man die halten? Wieder so viele ??? Und daran das der Lebensraum kaputt gemacht wird sind wir alle schuld. Manche direkt, manche indirekt. So sitzen wir alle im Glashaus...

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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon Boro » Samstag 26. Juli 2014, 16:56

Nach der Nestgründung und der Versorgung mit ausreichend Serviformica-Puppen ist das Freisetzen schwieriger als man denkt. Zuerst müssen 800 bis 1000 Hilfsameisen aufgezogen werden, damit das Nest eine Überlebenschance im Freien hat. Dann muss ein geeignetes Habitat gesucht werden, das folgende Kriterien erfüllt:
1. Naturnaher, trocken-warmer Standort (Ruderalflächen, Halbtrocken- u. Trockenrasen)
2. Man muss aufpassen, dass sich kein weiteres Polyergus-Nest im Umkreis von 90 od. 100 m befindet. Die Suche ist da schwierig, weil man Polyergus-Nester nicht leicht findet.
3. Es dürfen keine Nester aggressiver, territorialer Ameisen in der Nähe sein (Formica s. str., Lasius s. str., Tetramorium sp., usw.)
4. Das Nest darf nicht einfach "ausgeleert" werden, ich ziehe es im Ytong heran u. dieser wird mit dem Volk ausgesetzt und getarnt. Der Ytong wird erst entfernt, wenn das Volk ausgezogen ist. Die Freisetzung sollte möglichst unauffällig vor sich gehen, weil etablierte Ameisenvölker ihr Revier gegen "Neuankömmlinge" verteidigen!
5. Man sollte die ersten 2, 3 Wochen nach der Freisetzung mindestens zwei Mal pro Woche eine Fütterung vornehmen (z. B. Honigwasser od. Ahornsirup, 1 Heimchen), weil das junge Volk (alle Arbeiterinnen sind ja nur ein paar Wochen alt) eine Zeit lang braucht um eigene Nahrungsquellen zu erschließen. Die Überwinterung erfolgt ohne Brut.
Jedenfalls eine Menge Arbeit, aber das muss sein um einen Erfolg sehr wahrscheinlich zu machen.
L.G.
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Re: Polyergus rufescens: Aufzucht und Haltung - Diskussion

Beitragvon LynnLectis » Samstag 12. September 2015, 15:02

Boro hat geschrieben:Die Schweiz ist für mich in vieler Hinsicht ein Vorbild, nicht nur weil zufällig Polyergus rufescens als geschützte Art gilt. In Diskussionen im hiesigen Naturwiss. Verein trete ich seit langem für die Unterschutzstellung aller seltenen, im Bestand gefährdeten od. gar vom Aussterben bedrohten Lebewesen ein. Man muss generell von der Ansicht wegkommen, nur was dem Menschen nützlich erscheint sei schützenswert, alles andere wäre irgendwie uninteressant od. sich selbst überlassen (im besten Fall) oder gar "unnütz" bzw. bei Insekten als "Ungefziefer" einzustufen. Für den Biologen gibt es kein "Ungefziefer" und kein "Unkraut"!
Selbstverständlich bedarf es dabei eines Umdenkprozesses, der in breite Bevölkerungsschichten hineingetragen werden sollte, eine gefährdete Art nur auf ein Stück Papier zu schreiben ist zu wenig. Im konkreten Fall der eidgenöss. Vorschriften ist es doch besser als gar nichts, es wird zumindest kundgetat, dass es sich um eine schützenswerte, seltene Art handelt.


Danke für diesen Hinweis! Ja, stimmt. In der Schweiz kann man auch eher Einfluss nehmen. Ich werde mich diesbezüglich noch mehr einarbeiten mit der Zeit. :)
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