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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Juli 2015, 16:45
von Reber
Fünfzehn Jahre lang hat eine Kolonie von Schweizer Gebirgswaldameisen im Naturhistorischen Museum der Burgergemeinde Bern die Besucher erfreut. Jetzt sind die letzten Arbeiterinnen gestorben. Grund zur Traurigkeit gibt es aber nicht viel.


http://www.tierwelt.ch/?rub=4500&id=41236

Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Juli 2015, 18:05
von Merkur
15 Jahre im Formikarium sind eine erstaunlich lange Zeit für Waldameisen!
Im verlinkten Text stört mich nur ein Wort: Die Ameisen sind nicht "polygen", sondern polygyn, was doch ein beträchtlicher Unterschied ist. ;)

Vor vielen Jahren war ich zu einem Vorstellungsvortrag an einer Universität eingeladen. Das Thema war aus meiner Dissertation abgeleitet: "Monogynie und Polygynie bei Ameisen der Tribus Leptothoracini." - Leider hatte man in derAnkündigung aus der Mono- resp. Polygynie eine -"genie" gemacht. Ich war schon erstaunt, wie viele Hörer sich eingefunden hatten..... Aber es gelang dann doch noch recht gut, auch die anwesenden Genetiker mit der Vielweiberei der Ameisen vertraut zu machen. :D

MfG,
Merkur

Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Juli 2015, 22:55
von Reber
Hallo Merkur,

der kleine Fehler hat sich offenbar leider schon in die Medienmitteilung eingeschlichen. Hier gehts zum Original: http://www.nmbe.ch/sites/default/files/ ... meisen.pdf
Die Mitteilung stiess regional auf einige Resonanz, sogar der "Blick am Abend" berichtete - mit dem Blid einer Camponotus vagus :D

Ich persönlich finde es schön, dass es auch künftig wieder Ameisen im Museum zu sehen geben wird. Der betriebene Aufwand mit Kühlanlage und Fütterung mehrmals täglich lässt sich ja aus dem Communiqué ableiten...

Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Donnerstag 31. Dezember 2015, 13:26
von Anon
So lautet die Überschrift zu einem Artikel in der Tierwelt, der über eine große Kolonie Schweizer Gebirgswaldameisen berichtet.

Die Kolonie überlebte aber immerhin beachtliche 15 Jahre in künstlicher Haltung!

Grund genug, den Nachruf hier zu verlinken: http://www.tierwelt.ch/?rub=4500&id=41236

Und Grüße an Reber, vielleicht kann er (als Berner) im nächsten Frühjahr mal berichten, ob und wie es weiter gegangen ist... ;)

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Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Donnerstag 31. Dezember 2015, 16:17
von Merkur
Hallo Emse,

Danke für die Verlinkung! – 15 Jahre sind in der Tat außergewöhnlich für ein Waldameisenvolk in der Haltung. Ich kenne einige „Schicksale“ solcher Völker, die u. a. von Landesverbänden der Dt. Ameisenschutzwarte gehalten wurden. „Normal“ ist eigentlich, dass sie zunehmend an Milbenbefall leiden und dass das Nestmaterial (besonders bei ungeschickter Befeuchtung) verrottet. Man kann nicht immer alle Futterreste und die Leichen-Ansammlungen beseitigen, was auch einen unschönen Anblick bietet. Es ist dann eher sinnvoll, die Völker rechtzeitig wieder ins Freie zu setzen.

Das im Artikel gezeigte Formikarium ist ausnehmend geräumig und bietet vor allem recht viel Auslauf. So war es wahrscheinlich möglich, gelegentlich die äußersten Behälter abzukoppeln (wo wahrscheinlich die Abfälle gelandet sind) und zu reinigen. – Das Bild zeigt die Anlage allerdings wohl im Anfangszustand; es sieht so „taufrisch“ aus! ;)

Der Artikel enthält leider auch ein paar weniger schöne Zeilen.
Die Schweizer Gebirgswaldameise ist aus verschiedenen Gründen besonders: Sie lebt nur auf einem kleinen Verbreitungsgebiet in den Alpen und verbringt den grössten Teil des Jahres tief im Boden. Ausserdem sind die Völker polygen – es gibt mehrere Königinnen. Somit schadet das Einsammeln von einigen von ihnen der Kolonie nicht.
Das „kleine Verbreitungsgebiet“ mag zutreffen (vielleicht kennt man auch noch nicht alle Vorkommen), aber ansonsten verhält sich die Art nicht anders als die anderen Hügelbauenden Waldameisen (Formica s. str.): Sie sind polygyn (nicht „polygen“), wobei monogyne Völker nur bei F. rufa häufiger vorkommen, bei den anderen Arten eher selten sind und bei F. polyctena kaum je gefunden wurden. Große Nestteile im Boden haben alle, und sie verbringen je nach Dauer des Winters große Teile des Jahres ausschließlich darin.

Die Königinnen werden einmal begattet und produzieren aus ihrem Spermienvorrat jahrelang Arbeiterinnen, neue Königinnen und Männchen. Letztere brachten die Königinnen im Museum in Bern allerdings nie hervor – die Gründe dafür sind unbekannt –, wodurch eine erneute Befruchtung nie stattfand und das Volk langsam ausstarb, als die Spermienvorräte zur Neige gingen.
Nun, auch diese Königinnen produzieren ihren Nachwuchs in erster Linie aus Eiern, die sie mit den Spermien nur besamen, so dass aus befruchteten Eiern Arbeiterinnen und Königinnen heranwachsen. Für die Produktion von Männchen braucht's bekanntlich schon gar keine Spermien. „Erneute Befruchtung“ wäre nur möglich gewesen, wenn gleichzeitig junge Gynen und Männchen entstanden wären und wenn diese sich verpaart hätten.

An solche kleinen „Ungenauigkeiten“ in Medienberichten muss man sich wohl gewöhnen. :(

MfG,
Merkur

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Donnerstag 31. Dezember 2015, 16:30
von hormigas
Danke für die Information! 15 Jahre finde ich ebenso eine beachtliche Leistung.
Auch den Aufbau der Anlage, wie man sie im Bild des Beitrages sehen kann, finde ich sehr gelungen.
Schön wenn dort wieder ein Kolonie einzieht.
Beste Grüße
hormigas

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Donnerstag 31. Dezember 2015, 17:10
von Reber
Danke Emse,
ich hatte bereits früher mal auf das Thema hingewiesen und die Beiträge jetzt hier zusammengeführt.
Werde auf jeden Fall hier berichten, wie es weiter geht. Die Anlage kenne ich nämlich seit Beginn und "das Naturhistorische" besuche ich mindestens einmal jährlich.

Das Formicarium machte eigentlich immer einen "sauberen" Eindruck. Beim letzten Besuch hatten die Ameisen allerdings angefangen ihren Friedhof im "Futterbereich" anzulegen, was dann doch etwas "makaber" aussah. Auch der Hügel wirkte nicht mehr so taufrisch wie früher, in die Kammern konnte man jedenfalls zuletzt nicht mehr sehen, weil Baumaterial und, wenn ich mich recht erinnere, Algen etc. die Sicht verdeckten.

Die Winterruhe wurde von dem Ameisen übrigens nicht so recht eingehalten (auch wenn die Anlage gekühlt wurde(?), gabs natürlich nie Frost oder Schnee und so fouragierten die Ameisen auch im Winter, allerdings weniger stark.

Alles in Allem aber sicher ein gelungener Versuch.

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Freitag 3. März 2017, 18:52
von Reber
Die Ameisen sind zurück! Die Verantwortlichen des Naturhistorischen Museum Bern hatten ja schon letztes Jahr beabsichtigt, neue Ameisen zu sammeln. Offenbar verpassten sie aber wegen des Wetters den richtigen Moment um eine Gyne bei der Sonnung zu erwischen. Umso schöner, dass das Vorhaben nicht aufgegeben wurde und es nun geklappt hat! Museumsmitarbeitern ist es am Wochenende gelungen Königinnen und Arbeiterinnen einzusammeln. Es muss sich also um eine polygyne Art handeln, sie wurde nicht näher als "Schweizer Gebirgswaldameise" bezeichnet. Vermutlich ist Formica paralugubris gemeint. Tolle Sache, wie ich finde, aber überzeugt euch selber:

http://www.nmbe.ch/informieren/aktuell/ ... igenwillig

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2017, 00:16
von Anon
Hallo Reber,

Danke für die Fortsetzung des Berichtes!

Frage: Was hat es mit folgender Aussage in dem Link auf sich: "Im Mittelteil der Anlage sollte ihr Haufen zu stehen kommen – hier findet sich auch die Kühlanlage, die das Überleben des Nachwuchses garantiert."

Soll die Kühlung in den heißen Sommermomaten (niedrigere) "Nest-Bodentemperaturen" in größerer Tiefe simulieren?
Oder (und) wird sie zur Überwinterung benutzt? Meinungen? :?:

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2017, 08:41
von Trailandstreet
Soweit mir bekannt ist, kommt F paralugubris erst ab ca 1000m Höhe vor. denen wäre es schlicht und einfach bei uns um Tiefland zu warm.

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2017, 14:53
von Anon
Alles klar, das ist ein Argument. Trotzdem scheint es ihnen an ihrem angedachten Nistplatz derzeit doch etwas zu warm zu sein..

Bin gespannt auf die Fortsetzung! (Siehe Rebers Link)

Re: Das Ameisenvolk im Berner Naturmuseum ist ausgestorben

BeitragVerfasst: Dienstag 7. März 2017, 21:14
von LynnLectis
Die Kühlung wird wohl auch nötig sein, weil das Gebäude sicher geheizt wird an kühleren Tagen. Die Besucher wollen ja sicher nicht frieren. ;)