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Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Sonntag 20. April 2014, 19:07
von Reber
Hintergrund dieses Threads ist mein Gefühl, dass wir Ameisenhalter in Kunstnestern dazu neigen, zu grosse/tiefe Kammern anzubieten. Aber nichts Genaues weiss man nicht...

Also hab ich mich - passend zu Ostern - auf die Suche nach Nestern gemacht.

Die Fotos sind jetzt leider nicht von bester Qualität, dazu fehlt mir die Ausrüstung und das Talent. Aber vielleicht sind die Bilder, mit den entsprechenden Angaben versehen, ja doch für den einen oder anderen nützlich. Und vielleicht mag ja jemand den Thread noch ergänzen?!

Allgemein ist mit aufgefallen, dass die Kammern unter flachen Steinen oder Hölzern an der Oberfläche nur geringe tiefen aufweisen (ca. 5 mm). Wenn ich aber Steine die tiefer ins Erdreich langten aufgehoben habe, waren dort deutlich tiefere Kammern (ca. 15mm) zu finden.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Sonntag 20. April 2014, 20:10
von Boro
Hallo Reber!
Ja, das ist ein guter Ansatz mit Hilfe von Nestbeobachtungen die meist zu großen Kammern etwa in einem Ytong-Nest in Frage zu stellen. Man unterscheidet Laufröhren und Kammern, in denen auch Brut abgelagert wird. Bei kleinen Arten ist oft schon 1 cm Raumhöhe zu viel und sogar bei den großen Arten wird dieses Maß noch reichen. Deine Bilder von Tapinoma sp. zeigen, dass manchmal keine richtigen Kammern od. Gänge zu sehen sind. Das hat 2 Gründe: Tapinoma wechselt in einer Saison öfter die Neststandorte, sodass die Nestanlage provisorisch aussieht; zudem errichten sie auch Kuppeln aus organischem od. mineralischem Material und die Brut wird dann einfach darin abgelegt.
L.G.Boro

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Dienstag 22. April 2014, 09:03
von chrizzy
Hallo,

dazu auch eine Anmerkung für die Kammergröße bei gründenden Königinnen:

Auch diese wird meist viel zu groß gewählt. Im Standard-RG hat die gründende Königin in der Ameisenhaltung ca. 2/3 eines Reagenzglases zur Verfügung - sieht man sich die Gründungskammern in der Natur an, ist das viel zu groß gewählt! Besser wäre es, den Wattepfropf, der dem Verschließen des RGs dient, weiter nach hinten zu drücken (1-2cm Platz?).

Siehe auch hier:
Zitat: Gründungskammern sind nur wenig größer als die Königin selbst

lg, chrizzy

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Mittwoch 23. April 2014, 13:06
von Reber
@ NIPIAN: Was die Kammern unter Steinen anbelangt: Ist der Stein an der Stelle glatt, oder gewölbt gewesen?

Bei den meisten Nestern sind die Steine unten eher glatt (und insgesamt flach).
Beim zweiten Bild von Lasius cf. flavus war es aber ein runder, hoher Stein. Die Kammer wurde (vermutlich wegen der Wärme) seitlich davon angelegt. Ich werde künftig Bild und Angaben zum Fundort hinzufügen.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Sonntag 20. Juli 2014, 17:44
von Reber
Bei Formica cf. cinerea gibt es unter flachen Stein oft eine einzige, grosse Kammer, die in der Regel nur ca. 0,5 cm tief ist, aber sich praktisch unter dem ganzen Sein ausstreckt. Dazwischen gibt es einige muldenartige Vertiefungen, die ca. 1 cm tief sind.
Formica cf. cinerea Schwarzwasser.JPG
Diese Kammer unterhölt fast den ganzen Stein und hat einen Durchmesser von fast 20 cm.
Formica Schwarzwasser.JPG
Das selbe Bild unter einem anderen Stein.


Alledings habe ich besonders unter grossen, ca. 15 cm hohen Steinen auch Kammern entdeckt, die bis 1.5 cm tief und ca. 1.5 bis 2.5 cm breit sind.
Formica 2.JPG
Kleinere Kammern bei Formica cf. cinerea.


Bie Manica rubida sind Kammern oft röhrenförmig angelegt, ca. 5 - 6 cm lang und von 1 cm Durchmesser.
Manica Schwarzwasser.JPG
Bei Manica rubida verläuft die Kammer gangartig dem Stein entlang.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Montag 21. Juli 2014, 13:52
von Reber
Ich wurde wegen diesem Bericht hier - drüben im Ameisenforum - per PN kontaktiert und auf diesen Beitrag von Merkur hingewiesen.

Hierzu möchte ich kurz einigen Anmerkungen zu meinem Vorgehen machen.

Was Merkur beschreibt ist nämlich richtig. Und ich habe selber schon in meiner Kindheit beobachtet, dass sich manche Arten zurückziehen, nachdem sie unter ihrem Stein gestört wurden – etwa gelbe Lasius. Solche Rückzüge können andere Arten dann tatsächlich ausnutzen.
Bei der Suche nach Temnothorax spp. die in Eicheln wohnen, richtet man nicht nur Schaden an den bewohnten Nestern an, sondern auch an potenziellen. Auch das habe ich selber schon – in sehr begrenztem Gebiet - verursacht.

Die Arten, von denen ich euch hier Berichte, sind aber in den jeweiligen Regionen keine seltenen - im Gegenteil, sie sind dort häufig und fest verankert.

Der Gefahr, dass es wegen der Störung zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Kolonien kommt, konnte ich dadurch vorbeugen, dass ich keine Steine in unmittelbarer Nähe von anderen Kolonien umgedreht habe. Wenn sich doch andere Nester in der Umgebung befanden, habe ich dafür gesorgt, dass deren Kundschafter nicht zum Nest vordringen konnten.

In der Nähe von Lasius niger, lässt man das öffnen von fremden Nestern am besten ganz bleiben. Lasius niger selber ist dagegen durch solche Störungen nicht zu erschüttern.

Des weitern achte ich darauf, dass sich alle Ameisen mit samt ihrer Brut unter die Erde zurückziehen können, bevor ich die Steine wieder an den alten Platz zurücksetze – um die Tiere nicht zu zerdrücken. Danach schütte ich allfällige Öffnungen rund um den Stein mit etwas Sand oder Erde zu.

Ausserdem ist klar, dass man solche Störungen weder wahllos noch oft vornehmen sollte. Durch vorgängiges Beobachten der Nestumgebung, lässt sich übrigens mit grosser Sicherheit sagen, welche Art unter den Steinen zum Vorschein kommt.

Die Steine, welche ich in meinem letzten Beitrag hochgehoben habe, werden dort übrigens öfter und deutlich unbehutsamer vom Hochwasser, von „brätelnden“ Badegästen oder vom übenden Militär verschoben als von Ameisenfreunden.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Dienstag 22. Juli 2014, 12:07
von hormigas
Hallo Reber,
Vielen Dank für dieses Thema und das beeindruckende Bildmaterial.
Ich hoffe mich nun mit meinen Gedanken nicht in den OFF-Topic Bereich zu fallen!

In der Natur werden Nester eben je nach Bedarf erweitert.
In der Haltung erreicht man dies ja nur in einer Farm, oder man füllt vorgefertigte Kammern eines Porenbetonnestes.
Erreicht die Kolonie eine gewisse Größe bleibt dem Halter (meiner Meinung nach) nichts anderes über,
manche Kammern etwas größer zu gestalten, damit auch alle reinpassen :)
So ein Naturnest ist doch in der Regel von seinen Platzverbrauch um einiges größer als ein Kunstnest.
Es mag wohl richtig sein, dass (gerade am Anfang) Kammern hoffnungslos zu groß gewählt werden,
allerdings muss der Halter auf längere Sicht auch Kompromisse eingehen ohne die Ameisen zu vergraulen.
Ich lasse mich natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen!

LG

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Dienstag 22. Juli 2014, 14:10
von Reber
Hej hormigas!

Ich will dir da gar nicht widersprechen! Ich denke auch, dass die Grösse der Kammern bei der Haltung der heimischen Arten nicht „matchentscheidend“ ist, solange genügend Platz für die Kolonien vorhanden ist und die Kammer(n) bei der Gründung umgekehrt nicht gerade einer Wandelhalle entspricht. Andere Faktoren wie Temperatur oder Feuchtigkeit sind für die Tiere deutlich wichtiger. Der Blick unter den Steinen zeigt ausserdem nur einen ganz kleinen Ausschnitt des Nestes.

Die Haltung im Kunstnest entspricht einfach nicht der natürlichen Lebensweise der Ameisen. Trotzdem kann es ja nicht schaden, wenn wir uns beim Bau des Kunstnestes etwas an der Natur orientieren.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Dienstag 22. Juli 2014, 14:53
von Trailandstreet
Was hier vielleicht noch übersehen wurde, Ameisen fliegen ja nicht, oder liegen einfach übereinander, auch wenn sie sich manchmal im Bau einfach übereinander weg klettern.
Mehr als der schiere Rauminhalt der Kammern, ausser vielleicht die Lagerkammern bei Messor etc, ist doch die nutzbare Fläche (Boden, Wand, Decke). Also dort wo sie sich aufhalten. Das ist mir grad eingefallen, als ich an meine Temnothorax gedacht hab.
Dies ist wohl auch der Grund, warum auch selbstgebaute Nester, wie die von Polyrachis dives zB so eine eher wabenartig, gefaltete Struktur haben.

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Dienstag 22. Juli 2014, 16:49
von hormigas
Die Haltung im Kunstnest entspricht einfach nicht der natürlichen Lebensweise der Ameisen. Trotzdem kann es ja nicht schaden, wenn wir uns beim Bau des Kunstnestes etwas an der Natur orientieren.


Das sehe ich natürlich auch so!
Wie auch folgende Feststellung.

Mehr als der schiere Rauminhalt der Kammern, ausser vielleicht die Lagerkammern bei Messor etc, ist doch die nutzbare Fläche (Boden, Wand, Decke). Also dort wo sie sich aufhalten.


LG

Re: Ameisennester: Grösse der Kammern

BeitragVerfasst: Mittwoch 25. März 2015, 16:12
von Alimato
Hi
da ich letztens einen Teil des Nestes meiner Messor barbarus geöffnet habe, ist mir wieder mal aufgefallen wie klein doch die Kammern sein können, wenn die Ameisen sie selbst anlegen.
Hatte ich doch wenige große Kammern erwartet und fand sattdessen viele kleine.

Natürlich ist vieles eingestürtzt als ich es geöffnet habe, aber einige der kleinen manchmal kugelförmigen Kammern sind noch gut erkennbar.

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lg Alimato