Aktivitätsschwankungen in der warmen Jahreszeit?

Hier können allgemeine Fragen zum Thema Ameisen, sowie zu europäischen Ameisenarten gestellt werden.

Aktivitätsschwankungen in der warmen Jahreszeit?

Beitragvon Merkur » Donnerstag 10. Juli 2014, 16:28

Wie hier http://www.ameisenportal.eu/viewtopic.php?f=16&t=545&p=3442#p3441 angekündigt, möchte ich mal eine Frage in den Raum stellen, die sich mit Aktivitätsänderungen bei freilebenden, einheimischen Ameisen außerhalb der Winterruhe befasst.

Natürlich tut sich im Freiland nur wenig während der 5-6 Monate Winterpause.
Im Frühjahr werden in allen Foren üblicherweise das Auftauchen der ersten Ameisen und das Aufleben der Sammeltätigkeit freudig begrüßt.
Auch Freilandexperimente mit Anfütterung von Ameisen an bestimmten Stellen macht man gerne um diese Zeit.
Dann folgt die Schwarmphase, und das Interesse richtet sich vor allem auf dieses Geschehen.

Wie aber sieht es im Sommer und Herbst mit der Aktivität, vor allem mit dem Furagieren unserer Ameisen aus?

Bei Hügel bauenden Waldameisen (Formica s. str.) ist es klar: Abgesehen von durch Regen und Kälte bedingten Pausen ist durchgehend „Betrieb“ auf den Straßen, an Belaufbäumen und bei den Trophobiose-Partnern.
Auch die Straßen von Lasius fuliginosus sind durchgehend intensiv belaufen.

Mir ist aber, wie in dem oben verlinkten Beitrag erwähnt, aufgefallen, dass an einem Walnussbaum in meinem Garten so ab Mitte Juni (in 2014!) die Aktivität von vier baumbewohnenden Arten rapide zurückgegangen ist:

Camponotus fallax
Camponotus truncatus
Dolichoderus quadripunctatus
Temnothorax affinis


Im Frühjahr lege ich immer mal wieder Futterstellen an, auf breiten Ästen in Augenhöhe, biete Tropfen von Honigwasser an, sowie Insektenteile an jeweils anderen Stellen. Da der Baum im Hausgarten steht, und da ich morgens immer gerne eine Runde durch den Garten mache, kann ich fast täglich beobachten, was sich da so tut (ausgenommen natürlich bei unter 10°C und/oder Regen).

Stets ist im Frühjahr eine rasche Ausbeutung der Futterstellen zu beobachten. Doch seit etwa Mitte Juni beobachte ich dort kaum noch Individuen der vier genannten Arten; das Futter bleibt fast unbeachtet, es sei denn, dass sich mal ein paar Lasius niger dorthin bewegen. (Den Eindruck einer herabgesetzten Aktivität im Sommer hatte ich bereits in früheren Jahren. Aber erst in diesem Jahr habe ich bewusst etwas genauer darauf geachtet.)

Wie in dem verlinkten Beitrag schon vermerkt, kann ich mir als Ursache(n) vorstellen:
a) Es gibt mehr Nahrungsquellen oben im Baum;
b) Nach Anfütterung der überwinterten Brut und deren Verpuppung ist der Nahrungsbedarf geringer;
c) Beide Ursachen wirken zusammen.
d) Weitere Ursachen??

Wer kann ähnliche Beobachtungen (natürlich auch bei anderen Arten) beitragen? – Die Fachliteratur gibt dazu nicht allzu viel her!

MfG,
Merkur
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Re: Aktivitätsschwankungen in der warmen Jahreszeit?

Beitragvon Boro » Donnerstag 10. Juli 2014, 20:46

Die Aktivitätsschwankungen kann man am besten bei den Ameisen im eigenen Garten beobachten, weil man hier fast täglich Kontakt mit den Tieren hat.

1. Soviel man bisher weiß, dürften bei den meisten heimischen Arten die Königinnen nicht durchgehend über den ganzen Sommer- sondern eher schubweise - Eier ablegen. Die dann schlüpfenden Larven veranlassen durch vermehrten Nahrungsbedarf ein verstärktes Furagieren der Arbeiterinnen. Damit müssten automatisch gewisse Schwankungen in der Außenaktivität der Arbeiterinnen zusammenhängen.
2. Man gewinnt den Eindruck, dass bei zahlreichen Arten die Außenaktivität der Arbeiterinnen nach dem Schwärmen nachlässt. Ich sehe im Abschwärmen den Höhepunkt des Kolonielebens, vor allem dann, wenn das Schwärmen nicht im Frühjahr, sondern im Hochsomme/Spätsommer stattfindet. Das ist ungewöhnlich, weil vor allem nach dem Schwärmen der Geschlechtstiere der Großteil der Arbeiterinnen-Brut aufgezogen wird.
3. Auch das jahreszeitliche Nahrungsangebot wird eine Rolle spielen.
4. Das Alter der Königin könnte für die Abnahme der Außenaktivität d. Arbeiterinnen wichtig sein: Bei Polyergus kann ich z. B. feststellen, dass bei jüngeren Kolonien die Raubzüge durchschnittlich früher beginnen, eher noch am unteren Temperaturlimit (22/23°C) durchgeführt werden und mitunter zeitlich länger anhalten. Von der fern verwandten Polistes dominula ist mir bekannt, dass die Außenaktivität der Arbeiterinnen eng mit Alter bzw. Reproduktionsfähigkeit der Königin zusammenhängt.

Bei folgenden heimischen Arten ist mir bisher eine Schwankung der Furagiertätigkeit aufgefallen:
Camponotus fallax ab Juni (Schwarmzeit im Mai) nachlassend
Camponotus lateralis nach dem Schwärmen Mitte Mai deutliches Nachlassen
Lasius emarginatus, die Aktivität der Arbeiterinnen geht derzeit zurück (das Schwärmen hat noch nicht stattgefunden), steigt wieder mit der Blüte von Campsis radicans (am Haus).
Formica cunicularia u. F. rufibarbis nach dem Schwärmen leichtes Nachlassen, nicht aber bei den Arten der cinerea-Gruppe!
Dolichoderus quadripunctatus: Höhepunkt der Aktivität während der Rhododendronblüte im Mai, danach etwas nachlassend, aber Andauer der Aktivität bis Oktober
Tapinoma subboreale schwärmt im Mai, dann ein zeitlich beschränkter "Aktivitätsknick".

Das sind jetzt subjektive Wahrnehmungen ohne Anspruch auf eine allgemeine Gültigkeit. Viell. fällt mir noch zu einer od. der anderen Art etwas ein...
L.G.
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Boro
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Re: Aktivitätsschwankungen in der warmen Jahreszeit?

Beitragvon A_E_I_O_U » Sonntag 13. Juli 2014, 09:44

Aktivitätsschwankungen:

Forimica rufibardis: Bis Anfang Juli andauerndes furagieren und Nestarbeiten, seit einer Woche fast keine Aktivität beim Nest. Auch wurden die Nesteingänge teilweise verschlossen.

Lasius emerginatus: Bis Anfang Juni sehr wenig Aktivität danach bis Juli eine sehr stark belaufene Dauerstraße (von der Haustüre bis zur Biotonne ca. 12-15m lang) in den letzten Tagen deutliche Abnahme des Verkehrs auf der Ameisenstraße.

Auch auf dem Busch, auf dem sie für gewöhnlich die Blattläuse "melken", lässt sich kaum Aktivität feststellen. Dies dürfte in Zusammenhang mit den Erscheinen der von "Merkur" bestimmten Marienkäferlarve (Harmonia axyridis) gebracht werden, da sie innerhalb einer Woche die gesamten Blattläuse eliminiert haben!

Dolichoderus quadripunctatus: Im Frühjahr viel Aktivität auf dem "Götterbaum" (Ailanthus altissima) im Garten
bis zum Gemüsebeet (Umkreis ca. 10m) derzeit muss man die Ameisen regelrecht suchen.

Formica cf. fusa: Bis mitte Juni nur im Umkreis ihres Nestes (unter einem Stein auch im Gemüsebeet) jetzt laufen die Tiere quer durch den Garten und zeigen die meiste Aktivität.

Camponotus vagus: Derzeitiger Höhepunkt der Aktivität, sie tragen unerläßlich Beutetiere ein.

Tetramorium caspetium: Mai und Juni viel Aktivität auch bei Nestbau seit Anfang Juli weniger Aktivität.

Falls sich an der Außenaktivität wieder was ändert, werde ich dies melden!!

Mfg A_E_I_O_U
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