Die relativ jungen Erkenntnisse zur DNA-Merthylierung in Verbindung mit dem „An- und Abschalten“ von Genen haben ja bereits eine sehr umfangreiche Literatur hervorgebracht.
Man kann sich ein Bild davon machen, wenn man die Originalarbeit aufruft:
http://www.cell.com/current-biology/abs ... 60-9822(15)01571-7
Robust DNA Methylation in the Clonal Raider Ant Brain, von Romain Libbrecht, Laurent Keller, Peter Robert Oxley, Daniel Jan Christoph Kronauer.
Zwar ist hier nur das
Abstract direkt zugänglich, nicht der volle Text, aber man kann auch das
Literaturverzeichnis einsehen, wenn man auf der Seite die
„References“ anklickt. Beeindruckend, und auch für mich im Einzelnen recht verwirrend!
Nun lassen Messungen der DNA-Merthylierung und deren Korrelation mit Kasten- bzw. Verhaltensmerkmalen noch keinen Schluss darauf zu, was Ursache und was Wirkung ist!
Auch für die unterschiedliche Methylierung der Erbsubstanz muss es Ursachen geben, Auslöser, die man dann letztlich als Erklärung für die beobachteten Phänomene heranziehen könnte!
Noch immer wird etwas schwammig bzw. zweideutig formuliert, wenn es um die „Königinnen“ geht: Meint man deren morphologische Unterschiede zu Arbeiterinnen, oder bezieht man sich auf ihre Funktion als die reproduzierenden Individuen in der Kolonie?
Die Autoren haben diese Problematik anscheinend bewusst umgangen (vielleicht steht es in dem mir noch nicht zugänglichen Text), indem sie eine Art ohne morphologische Kasten gewählt haben: Alle Individuen sind gleich gestaltet, und alle können prinzipiell Königinnen- oder Arbeiterinnenfunktion übernehmen.
Darüber hinaus ist
Cerapachys biroi thelytok parthenogenetisch und clonal. Alle Individuen sind also genetisch identisch (evtl. unterschiedliche Väterkönnen keine Rolle spielen).
Dennoch fungieren einige der Tiere als Eierlegerinnen,(„Königinnen“, wenn man so will), andere bleiben steril („Arbeiterinen“), und anscheinend können sie die Funktion auch wechseln.
Wenn mit den beiden Funktionen nun eine unterschiedliche Methylierung der Erbsubstanz einher geht, kann diese die Ursache für die unterschiedliche Funktion sein, oder die Folge, oder es gibt einen weiteren Faktor, der für Beides verantwortlich ist.
Möglich wäre etwa ein unterschiedlicher Ernährungszustand infolge einer Hierarchie: Dominante Tiere bekommen von den dominierten Individuen Nähreier, die sie selbst in die Lage versetzen, eigene reproduktive Eier zu bilden. Auch hier stellt sich die Frage, ob die bessere Ernährung die Methylierung (im Gehirn) und damit das Dominanzverhalten bewirkt, oder ob die bessere Ernährung dasAnschalten bestimmter Gene triggert.
Möglicherweise spielt auch das Alter der Individuen eine Rolle: Von ganz „normalen“ Ameisen (
Formica spp.)ist bekannt, dass junge Innendienst-Tiere zunächst entwickelte Ovarien haben und Nähreier für die Königinnen produzieren. Später degenerieren die Ovarien und die Tiere gehen zum Außendienst über. Aber: In weisellosen Völkchen vieler Arten können eine oder einige der noch jungen Arbeiterinnen „dominieren“, werden mit Nähreiern der anderen Arbeiterinnen gefüttert, und legen fertile Eier, aus denen sich Männchen entwickeln! (Ich nehme an, dass die Verfasser der Publikation diese Zusammenhänge kennen und berücksichtigt haben).
So gesehen behandelt diese Publikation eine "Zwischenstation" in der Erforschung der letztlichen Ursachen für die Entwicklung einer Larve zur Gyne oder Arbeiterin, UND der Ursachen für deren Verhaltensunterschiede.
MfG,
Merkur