„Invasion“ von Monomorium trageri in Deutschland

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„Invasion“ von Monomorium trageri in Deutschland

Beitragvon Anon » Montag 11. April 2016, 18:13

Ich habe die Beiträge aus "Hinweise auf Ameisen in den Medien" hierher verschoben. LG Reber

WELT am SONNTAG, vom 10.04.2016, Thema: Invasion der Insekten
(Schlagwörter: Bernhard Seifert, Monomorium trageri, Globalisierung, Linepithema humile, Jürgen Heinze, Solenopsis invicta, Faunenverfälschung, Antstore, Martin Sebesta, ...)

Ausgewählte Textpassagen:

In Ameisenstaaten herrscht alles andere als Frieden und Freundlichkeit. Die Völker leben nach brutalen Gesetzen. Sie verändern Ökosysteme und erobern einen Kontinent nach dem anderen – dank Globalisierung und Klimawandel

[..] Gut möglich, dass sich derzeit irgendwo in Deutschland etwas zusammenbraut, was dem gleicht, das im vergangenen Sommer die Bewohner Weinheims aufschreckte. In der kleinen Stadt in der Nähe von Mannheim sah es in einem hübschen Einfamilienhausviertel plötzlich so aus wie im Science-Fiction-Klassiker "Phase IV". Lange, schwarze Ameisenstraßen zogen durch die Vorgärten, die Bäume und Hauswände hinauf. Sie drangen in die Häuser ein, durch winzige Ritzen, gekippte Fenster und durch Türspalten. Die winzigen schwarzen Ameisen krabbelten durch Elektronikschächte ins Haus, quollen aus Steckdosen in die Zimmer. Sie fanden die Küche, die Dunstabzugshaube, fraßen Fett, tankten Energie. Zielgerichtet, wie von einem Plan besessen, krochen die Tiere in die Lüftungsschlitze der Computer, legten Router lahm. [..]

[..] Ameisenexperte Seifert sieht den Vorfall nüchtern. "Monomorium trageri, eine winzige schwarze Knotenameise, kommt ursprünglich aus Nordamerika", sagt er. "Wie sie nach Baden-Württemberg gekommen ist, ist unklar. Vielleicht saßen ein paar Tiere und eine Königin in Verpackungsmaterial." [..]

[..] Es ist also nicht einfach, etwas über den Zustand der Ameisenwelt zu sagen. Kommt es zur Invasion eines Ökosystems, bemerkt das zunächst niemand, Kämpfe zwischen neuen und alten Ameisenarten finden unbemerkt statt. Erst dann, wenn wie in Weinheim plötzlich die Router ausfallen oder Ameisen aus der Dunstabzugshaube purzeln, bemerkt der Mensch, dass etwas nicht stimmt. [..]

[..] Nicht nur im Reich der Ameisen gibt es Spannungen. Manche Forscher wettern darüber, dass Privatleute sich Ameisenköniginnen kaufen, ihr Wohnzimmer mit Staaten verschönern. Sie fürchten, dass die exotischen Arten in die Natur entkommen und großen Schaden anrichten könnten. Der "Antstore" in Berlin nennt sich stolz "größer Ameisenshop der Welt". [..] Martin Sebesta hat den "Antstore" vor 16 Jahren gegründet, zunächst im Internet, drei Jahre später auch mit Ladengeschäft. [..] Den Vorwurf, Geschäfte wie seines seien Einfallstore für fremde und invasive Arten, lässt er nicht gelten. "Das ist übertrieben. Probleme mit invasiven Arten oder Faunenverfälschung entstehen durch Warentransporte." Er verkaufe zudem nur innerhalb Europas, und Arten wie Blattschneider- und Weberameisen aus den Tropen können hier wegen des kalten Winters ohnehin nicht überleben. "Zudem reicht eine ausgebrochene Kolonie nicht aus, um sich hier zu etablieren. [..]

Ameisenpapst Seifert steht Ameisengeschäften kritisch gegenüber. Polygyne, winterharte Ameisen, deren Begattung im Nest erfolgt, sind ausgesprochene Risikokandidaten. Verdammen will er den Handel aber auch nicht vollständig. "Ich hatte gehofft, dass darüber seriöser wissenschaftlicher Nachwuchs gewonnen werden kann – das ist aber bislang nicht passiert." [..]


Wer den gesamten (umfangreichen) Artikel gerne lesen möchte: http://www.welt.de/print/wams/wissen/ar ... ekten.html
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Anon
 

Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Merkur » Dienstag 12. April 2016, 09:52

Zu WELT am SONNTAG, vom 10.04.2016, Thema: Invasion der Insekten.

Natürlich ist der Artikel, wie in den Medien üblich, mit starken Worten „interessant“ gemacht. Doch enthält er viele richtige Aspekte.
Gewarnt hatte ich wohl als Erster, bereits 2004 hier, vgl. auch hier), und ich hatte mit Unterstützung durch die Dt. Ameisenschutzwarte 2006 die zuständige Behörde, das Bundesamt für Naturschutz (BfN) informiert. Vergeblich: „Handelsbeschränkungen innerhalb der EU“ seien kaum durchzusetzen…

Die mahnenden Worte des nun (nach oder neben Hölldobler ;) ) neu ernannten „Ameisenpapstes“ Seifert im Ameisenforum (Aug./ Sept. 2014) wurden dort gelöscht und anscheinend inzwischen vergessen, hier sind sie noch nachzulesen (farbig hervorgehoben).

Im WamS-Artikel, über Antstore, Sebesta:
Diese Faszination verkauft er. Den Vorwurf, Geschäfte wie seines seien Einfallstore für fremde und invasive Arten, lässt er nicht gelten. "Das ist übertrieben. Probleme mit invasiven Arten oder Faunenverfälschung entstehen durch Warentransporte." Er verkaufe zudem nur innerhalb Europas, und Arten wie Blattschneider- und Weberameisen aus den Tropen können hier wegen des kalten Winters ohnehin nicht überleben. "Zudem reicht eine ausgebrochene Kolonie nicht aus, um sich hier zu etablieren.
Hübsch verniedlicht. „Mehr als 300 Arten kann Sebesta in drei verschiedenen Klimakammern halten.“ – Ungefähr so viele Arten wurden durch den Ameisenhandel inzwischen nach Deutschland gebracht, und eben längst nicht nur tropische. Dass es inzwischen allein in D fast ein Dutzend Ameisenshops gibt, dass sie (und die inoffiziellen Verkäufer „aus dem Urlaub mitgebrachter“ exotischer Ameisen) alle verdienen wollen und können, wird verschwiegen. Es muss eine riesige Anzahl von Kolonien sein, die da im Land verteilt werden, und nicht nur in Deutschland, sondern auch in Nachbarländern. Da dürften es sehr viel mehr als „eine ausgebrochene Kolonie“ sein, die auf die eine oder andere Weise in die Natur gelangen.

Wenn eine neue Art erfolgreich eine Superkolonie gründet, wenn das Klima stimmt und keine Ameisenkrankheiten die Neuankömmlinge reduzieren, dann könnte es schlimm werden. Nicht nur in Weinheim. Dann, so Seifert "hilft nur noch Abwarten und Beten".
Die selektive Berichterstattung durch die Medien wird durch das Beispiel Weinheim bestens beleuchtet: Obwohl fast in unserer Nachbarschaft, habe ich in der lokalen Presse nie etwas davon erfahren. Die „Invasion“ durch Monomorium trageri ist mir tatsächlich neu! Und auch mit Google-Suche wurde ich jetzt nicht fündig. :?:

„Gut möglich, dass sich derzeit irgendwo in Deutschland etwas zusammenbraut,…“ sagt Seifert dazu weiter oben. Diese Sorge hatte ich bereits um 2000 im damals einzigen Ameisenforum geäußert. Mit dem lawinenartigen Anschwellen von Ameisenhandel und –haltung ist sie nicht kleiner geworden. :(

So können wir nur hoffen, dass die Wissenschaftler (und Naturschutz-Gutachter etc., die Ameisen sammeln und bestimmen) nach diesem WamS-Artikel vielleicht doch dem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit widmen und das Informieren nicht weiterhin den Laien mit ihren zweckoptimistischen Meinungsäußerungen überlassen.

MfG,
Merkur
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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Colophonius » Dienstag 12. April 2016, 10:29

Der Artikel hat mir überraschend gut gefallen. Nach dem recht reißerischen Beginn mit dem Bericht über die "Invasion" durch Monomorium trageri, wurde sich ja relativ differenziert mit der Thematik auseinandergesetzt. Für die meisten Ameisenhalter oder "Hobby-Myrmekologen" gab es sicher wenig neue Erkenntnisse, aber ich denke, dass die meisten Leser durchaus was über Ameisen und ihre Kolonien lernen können.

Ebenfalls tangiert wurde natürlich das (völlig unstrittig) große Problem der invasiven Arten in Folge vom internationalen Warenverkehr. Wie Merkur anmerkt, wurde natürlich auch wieder das „Problem“ des Ameisenhandels angesprochen. Mich persönlich hätte eine etwas ausführlichere, differenziertere Berichterstattung mit mehr Meinungen dazu (z.B. die Meinung von Prof. Heinze) sehr interessiert, aber aufgrund der Insignifikanz der gezielten Ameisenimporte zum Zwecke der Abgabe an interessierte Halter im Vergleich zum internationalen Warenverkehr, ist es wohl wenig verwunderlich, dass dem nur ein kleiner Absatz gewidmet wurde.

Ich hoffe doch sehr, dass die entsprechenden Wissenschaftler nicht „abwarten und beten“ (das hat wohl noch nie jemanden geholfen und ist ähnlich effektiv wie das Öffnen des Kühlschranks, um den Klimawandel zu bekämpfen), sondern gezielt an Lösungsansätzen für das Problem der ungewollten, globalen Ameisenimporte forscht. In Deutschland trifft es uns da ja noch sehr gut, da die meisten invasiven Arten die Winter nicht überstehen, aber das Problem selbst ist international.

Ich bin daher sehr gespannt, was und da die Zukunft bringen wird.
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Colophonius
 

Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Steffen Kraus » Dienstag 12. April 2016, 11:13

Hallo,
ich finde Eure Beiträge richtig gut und stimme Euch, aus meiner Position(Händler) heraus zu. Ich denke, der Handel, sollte sich selbst Regeln stellen,
so wie bei Gift-oder gefährlichen Tieren schon seit langem üblich.
Es sollten keine Ameisen, wie die schon bekannten invasiven Arten gehandelt werden. Nur das ist, wohlgemerkt für mich, ordentlich!
Da die Nachfrage vom Endkunden stets gegeben ist, wird es immer jemandem geben, der diese Ameisen anbietet, daher, wird dann eine ganze Branche daran gemessen.
Leider!
Früher oder später, wird der Gesetzgeber, schon einschreiten. Wahrscheinlich erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Dann ist wieder die ganze Branche und Halter von Ameisen in ein negatives Licht gerückt.
Auch wird man dann hören oder lesen, daß habe ich nicht gewollt!
Aber wie ich schon im Eusozial, zu einem anderen Thema geschrieben habe, es jedem zu erklären, so das er es versteht, ist für mich nicht möglich.
Naja, so gehen die Themen nicht aus, wird aber auf die Dauer, auch wieder langweilig!
Gruß,
Steffen
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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Merkur » Dienstag 12. April 2016, 19:55

Die Geschichte mit den Monomorium trageri in Weinheim wurde anscheinend tatsächlich von der Presse nicht aufgegriffen.
Ich habe jedoch Nachricht von zwei Fachleuten, die sich damit befasst haben und die Beschreibung in der WamS bestätigen. Ich hoffe, hier näher darüber berichten zu können.

MfG,
Merkur
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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Merkur » Mittwoch 13. April 2016, 16:54

Die beiden Fachleute, die mit der „Invasion“ der Monomorium trageri befasst waren, sind natürlich Herr Dr. Heller und Herr Dr. Seifert.
Herr Heller hat mir sehr ausführlich über die Vorgänge berichtet, und gestattet, dass ich die wesentlichen Inhalte im AP poste.

Hier also sein Text:
Im Ameisenportal habe ich Ihren Hinweis auf den WamS-Artikel gelesen, in dem auch die Sache mit M. trageri angesprochen wird. Die Autorin hatte auf Empfehlung von Herrn Seifert auch mit mir telefoniert, da ich in Weinheim vor Ort war.
Ende Juli 2015 schickte mir eine Kollegin bei der (…Firma) in Laudenbach eine Probe mit winzigen Ameisen zu. Die Tierchen hatte sie von einem Schädlingsbekämpfer erhalten, der sie in außergewöhnlichen Fällen immer kontaktiert. Sie lag mit ihrer Vermutung schon ziemlich richtig: M. monomorium (früher minutum) oder M. minimum.

Am 13.08. war ich mit dem Schädlingsbekämpfer in Weinheim, wo er in einem weiteren Haus den Befall tilgen sollte. Was ich dann sah, hat mich doch einigermaßen "erschüttert". Über die Außenmauern des Gebäudes verliefen an allen Seiten mehrere dichtest belaufene Ameisenstraßen. Auch auf Gartenweg und Treppe zum Haus waren überall Ameisen unterwegs. Im Wohnzimmer führten Ameisenstraßen über den Teppichboden zu einem Tischchen mit PC und Router. Auch aus einer Wandsteckdose kamen zahlreiche Ameisen hervor. Die Ameisen hatten lt. Aussage der Besitzerin durch massenhaftes Eindringen den Router lahmgelegt.

Die Hauseigentümerin sagte mir, dass der Befall seit vielen Jahren bestehe. Vor ca. 5 Jahren sei ihr aufgefallen, dass die "größeren Ameisen im Garten", die sie sonst immer beim Blattlausbesuch sah, verschwunden waren. Zu einer vergleichbaren Invasion sei es bisher jedoch nie gekommen. Sie habe sich deshalb nicht an den Ameisen gestört, fand es im Gegenteil interessant, die Tiere zu beobachten. Tote Insekten, auch harte wie z.B. Maikäfer, würden die Ameisen vollständig beseitigen. In der kalten Jahreszeit habe sie nie Aktivitäten bemerkt.

Bei einer kurzen Inspektion einiger weiterer Grundstücke konnte ich auf beiden Straßenseiten überall am Gehweg entlang und in den Vorgärten diese Ameisen beobachten. Auch auf einer Gartentreppe eines zuvor vom Schädlingsbekämpfer behandelten Hauses war massenhafter Belauf. Allerdings war lediglich eine Bekämpfung im Haus mit einem Fraßköder durchgeführt worden und keine Außenbehandlung mit einem Kontaktinsektizid.
Nesteingänge befanden sich zwischen Pflaster, Platten, Mauerritzen etc. An einem Straßenbaum (Linde) führte eine dicht belaufene Straße nach oben. Am Stamm liefen neben der Monomorium-Kolonne auch Arbeiterinnen von Dolichoderus. Ansonsten habe ich im Monomorium-Gebiet ein Tetramorium-Nest angetroffen.

Erstaunlich ist, dass trotz der deutlich weiteren Verbreitung nur bei zwei Anwesen Handlungsbedarf für eine Bekämpfung angemeldet wurde, und anscheinend erstmals in diesem Jahr. Möglicherweise sind die einzelnen Häuser nicht in gleichem Ausmaß betroffen, aber es wird auch Bekämpfung in Eigenregie durchgeführt. Vielleicht führte die seit Wochen anhaltende extreme Trockenheit und Hitze zu einem partiellen Nahrungsmangel, der einen Teil der Ameisenkolonien zur Invasion der Häuser veranlasste. So beobachtete die Hausbesitzerin, dass eine Ameisenstraße in der Küche zur Dunstabzugshaube führte, wo die Ameisen das Fett aus dem Filter aufnahmen.

Aus den bisherigen Beobachtungen ergab sich folgendes Bild:
Es handelt sich um eine Superkolonie, sicher mit Millionen Individuen.
Die Nester liegen an den Außenseiten der Häuser, in Gärten und an der Straße. Die Inaktivität in den Wintermonaten zeigt, dass die Ameisen sich nicht in beheizte Gebäude zurückziehen, sondern wohl im Freien überwintern, zumal einige Nistplätze doch recht weit vom nächsten Gebäude entfernt sind.

Die Art des Auftretens passte nach meiner Auffassung recht gut zu der nordamerikanischen Art M. minimum.
Bei M. monomorium habe ich in Südfrankreich keine derartigen Koloniestrukturen beobachtet, obwohl die Kolonien wohl auch volkreich sein können. Jedenfalls fanden sie sich beim Picknick am Gardonufer zu Hunderten in unserer Picknick-Tasche.

Ich habe dann eine Probe der Ameisen (einschl. einer Königin) an Seifert geschickt. M. monomorium konnte bald ausgeschlossen werden.
Die M. minimum-Gruppe wurde von DuBois revidiert (A revision of the native New World species of the ant genus Monomorium (minimum group) (Hymenoptera: Formicidae), 1986). Seifert bekam von J. Trager eine M. minimum-Probe, diese Art war es aber nicht.

Leider scheinen die Amerikaner Typenmaterial nur höchst ungern rauszurücken, und Seifert wollte die einzige Königin auch nicht verschicken. Die Vermutung, dass es sich um M. trageri handeln könnte, wurde jedoch von Stefan Cover anhand von Fotos der Weinheimer Gyne bestätigt. Ich hoffe sehr, in diesem Jahr noch weitere Königinnen in Weinheim sammeln zu können.

Falls sich bewahrheiten sollte, dass es sich tatsächlich um M. trageri handelt, wäre die Einschleppung und Etablierung ein kurioses Ereignis. M. trageri gilt als selten, wurde nur in Florida und South Carolina an wenigen Stellen gefunden. Der Fund einer Kolonie in einem Kuhfladen (s. DuBois) deutet auch keine große Invasionskarriere an. Außerdem kann man nicht unbedingt erwarten, dass eine Art, die in dem feuchtwarmen Florida beheimatet ist, mit unserem Klima zurechtkommt.

Herr Heller schickte mir noch zwei kurze Video-Sequenzen zu, die tatsächlich Unmassen von winzigen Ameisen und dicht belaufene Straßen sowohl außerhalb als auch innerhalb eines Hauses zeigen, einschließlich des befallenen Routers.

Es ist also noch nicht 100% sicher, um welche Art es sich handelt, aber das wird sich dann in der wärmeren Jahreszeit wohl klären lassen.

Sehr merkwürdig erscheint mir, dass es bisher nur diese eine Nachricht von einem Massenvorkommen dieser Ameisen gibt. Wären sie mit Warenlieferungen (z. B. Blumen) als Blinde Passagiere eingeführt und durch den Handel verteilt worden, sollte man erwarten, dass sie so ziemlich in ganz Deutschland und andernorts aufgetreten wären. Vielleicht wurden sie doch, freiwillig oder unfreiwillig, von einem Florida-Urlaub mitgebracht?
Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Tiere, obwohl tropischen oder allenfalls subtropischen Ursprungs, sehr wohl über Jahre außerhalb beheizter Gebäude überdauert haben. Derart kleine Monomorium-Arten sind jedenfalls nicht aus kühleren Klimaten bekannt.

MfG,
Merkur
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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Phil » Mittwoch 13. April 2016, 18:24

Das ist schon sehr kurios, und erinnert mich an die Entwicklung von Tapinoma sessile, die in natürlicher Umgebung unscheinbare, monogyne Kolonien ausbildet aber in Städten riesige, polygyn-polydome Nester ausbildet und zu einem Schädling wurde.
http://link.springer.com/article/10.100 ... 010-9727-6
Vielleicht ist etwas ähnliches mit dieser Monomorium passiert.
Wären sie mit Warenlieferungen (z. B. Blumen) als Blinde Passagiere eingeführt und durch den Handel verteilt worden, sollte man erwarten, dass sie so ziemlich in ganz Deutschland und andernorts aufgetreten wären. Vielleicht wurden sie doch, freiwillig oder unfreiwillig, von einem Florida-Urlaub mitgebracht?

Vielleicht wurden sie schon sehr oft hergeschleppt, aber nur eine Kolonie hat das "polydome Syndrom" (oder wie man es nennen will) hervorgebracht?

Grüße, Phil
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Re: Hinweise auf Ameisen in den Medien

Beitragvon Trailandstreet » Mittwoch 13. April 2016, 19:27

Es ist nur so ein Gedanke, aber wenn man schon mal überlegt, wieviele Gynen ja sich bei uns versuchen zu gründen, bis sich mdl wieder ein Volk etablieren kann, das dauert dann schon ein wenig und auch wenn hier sozusagen eine kleine Starterkolonie eingeschleppt wird, so braucht diese doch auch zum einen schon mal einen passenden Standort und dann muss die sich noch das Glück haben, nicht gleich in den ersten Monaten überrannt zu werden.
Abgesehen davon sind die Bedingungen wohl auch noch etwas wackliger als würde eine einheimische gründen.
So gesehen müsste dann schon eine ordentliche Anzahl eingeschleppt werden, bis sich dann mal so eine Superkolonie durchsetzen kann.


LG Franz
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Re: „Invasion“ von Monomorium trageri in Deutschland

Beitragvon Trailandstreet » Freitag 15. April 2016, 10:10

Was mir da aber in diesem Zusammenhang noch auffällt. Hat sich so eine Superkolonie erst mal etabliert, kann sie sich dank intranidaler Begattung etc leicht weiter ausdehnen und so nach und nach die Vorherrrschaft übernhmen.
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Re: „Invasion“ von Monomorium trageri in Deutschland

Beitragvon Steffen Kraus » Freitag 15. April 2016, 10:29

Hallo,
genau das ist das Problem, mit invasiven Ameisen!
Gruß Steffen
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Umfrage zur Paarungsbiologie sozialer Insekten

Beitragvon Merkur » Samstag 23. April 2016, 11:06

Die Umfrage wurde den Mitgliedern der IUSSI zugemailt. Ich poste sie hier für den Fall, dass User der Ameisenforen oder Mitleser/innen eigene Erfahrungen beitragen möchten. Das betrifft insbesondere nicht bereits publizierte Beobachtungen und Experimente. Die drei Unterzeichneten planen einen Review-Artikel zum Thema, wobei ein Vergleich des Paarungsverhaltens unter Freiland- resp. Laborbedingungen angestrebt wird. Daneben interessiert auch die Koloniegründung. Man möchte vor allem auch eventuell durchgeführte, aber aufgrund von Erfolglosigkeit nicht veröffentlichte Versuchsergebnisse einarbeiten.
Es ist leider nur schwer möglich, solche Experimente in Zeitschriften unterzubringen, auch wenn man daraus durchaus interessante Schlüsse ziehen kann. (Ich spreche aus eigener Erfahrung!) So werden viele Versuche immer wieder gemacht, weil man von unpublizierten negativen Ergebnissen keine Kenntnis haben kann. Allerdings dürften aussagekräftige Beschreibungen erfolgloser Bemühungen noch umfangreicher sein als die nachvollziehbare Darstellung der Bedingungen, unter denen bei einer Spezies die Paarung bzw. die Koloniegründung von Erfolg gekrönt waren.
Ich bin selbst gespannt auf den Review; es scheint mir ein sehr ambitioniertes Unterfangen!
Hier der Text des Aufrufs:
Hello everyone,
I, along with Nicole Fischer and Jenny Jandt are working on a review comparing the behavior of social insects in lab vs. field conditions. As I am sure many are aware, there are numerous papers that corroborate behavioral patterns in both contexts but also papers that show significant discrepancies. Our hope is to reconcile some of these differences. One aspect that is of particular interest to us is mating behavior and colony founding. Anecdotally, we have heard many researchers describe their efforts to observe or initiate mating or colony founding events with widely varied success. However, these attempts are often unpublished (especially if these attempts were unsuccessful), and therefore difficult to access for people not involved.
Here, we request that if you have any experience with social insect mating behavior or colony founding, please respond to the attached survey. It should take less than 5 minutes and would be incredibly helpful. If you study multiple species or multiple systems, please take the survey as many times as you are willing with one survey focused on a single species/group.
https://www.surveymonkey.com/r/MLR56RQ
Additionally, if you have any anecdotal experience regarding methodology, patterns you have observed (e.g. species that have mating swarms are easier to observe than species with male leks), how long it took to successfully observe a mating/founding event, etc., we would appreciate these stories. They can be emailed directly to me at: sarah.bengston@rochester.edu
We appreciate your time and effort. Best wishes,
Sarah Bengston, University of Rochester, Nicole Fischer, University of Arizona, Jenny Jandt, University of Otago

Dr. Sarah E. Bengston ist Postdoc an der University of Rochester, NY.

MfG,
Merkur
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