Ameise aus dem Bernstein mit Metall-verstärkten Mandibeln

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Ameise aus dem Bernstein mit Metall-verstärkten Mandibeln

Beitragvon Merkur » Donnerstag 27. September 2018, 16:29

Im Formiculture.com – Forum wird auf eine spektakuläre Entdeckung hingewiesen:

Profile-view-of-a-Linguamyrmex-.jpg
"Vampir-Ameise" mit Metall-verstärkten Mandibeln. Profile view of a Linguamyrmex vladi worker. ( CC BY 4.0 )
Link :4 September, 2018 - 23:01 ashley cowie Scientists Discover an Ancient Bio-Metallic Vampire Ant.
(Wissenschaftler entdecken eine urtümliche bio-metallische Vampir-Ameise)

Das Exemplar wurde in 98 Mio Jahre altem Bernstein aus Myanmar gefunden. Es ist eine neue Art von „Höllen-Ameisen“, die mit „dornigem, metallischem Mund“ das Blut ihrer Opfer saugt.
Die Art, benannt als Linguamyrmex vladi, gehört zur fossilen Unterfamilie der Sphecomyrminae, darin zur Tribus Haidomyrmecini, die wohl aufgrund ihrer nach dem Höllenhund benannten Typusart Haidomyrmex cerberus den Trivialnamen „Hell Ants“ bekam.
Sie lebten in der Kreidezeit und starben aus, „bevor der gemeinsame Ahne aller lebenden Ameisen auftrat“. (Stellten also wohl eine frühe Seitenlinie dar - Merkur).

Sie waren gekennzeichnet durch eigenartig senkrecht arbeitende Mundwerkzeuge mit einer merkwürdigen metallischen Komponente in den Mandibeln (dazu siehe unten!*).
Anstatt der normal abwärts gerichteten Mandibeln haben sie klingenartige Schneiden, die aufwärts weisen, ein Merkmal, das man heute bei keinem lebenden Organismus antrifft.

Diese spitzen Mandibeln waren von Triggerhaaren umgeben, die ein Schließen der Mandibeln auslösten, und ein hornartiger Fortsatz oder „Paddel“ schlug herunter auf die Beute, während die aufwärts gerichteten Mandibeln sie durchbohrten. Phillip Barden vom New Jersey Institute of Technology, der die Ameise untersuchte, entdeckte auch einen röhrenartigen Kanal zwischen den Mandibeln, der wohl zum Aufsaugen des Blutes aus der Beute diente. Vermutlich haben die speziell gestalteten Mandibeln und das „Paddel“ weichhäutige Beute durchbohrt um Hämolymphe aufzunehmen. Nahe bei der Ameise in dem Bernstein wurde eine große Käferlarve gefunden, die vermutlich Beute der Ameise war.

Mittels Röntgenstrahlung wurde festgestellt, dass die Unterseite des „Paddels“ mit Metallpartikeln verstärkt war. Das Tier hatte also die Fähigkeit, Spuren von Metallen aufzunehmen und im Körper an Stellen abzulagern, die eine Verstärkung benötigten.
Solche Metalleinlagerungen wurden auch am „Paddel“ oder „Horn“ einer weiteren Art der "Höllenameisen" festgestellt. So weit Textauszüge aus dem Beitrag.

*) Metall-Einlagerung an besonders beanspruchten Stellen ist auch bei modernen Ameisen bereits vorn einigen Jahren nachgewiesen worden, so bei Atta cephalotes, Camponotus herculeanus, Formica rufa und Polyrhachis dives, siehe hier.
Das wurde bereits 2009 beschrieben: Dieterich, A. & Betz, O. 2009: Elementsensitive Synchrotron-Mikrotomographie zur Darstellung von Zinkeinlagerungen in den Mandibeln ausgewählter Insekten. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 17, 285-287 (European Synchrotron Radiation Facility)

Schade, dass es diese "Höllenameisen" nicht mehr lebend gibt. Die wären doch eine wahre Herausforderung für die Haltung. Obwohl Blattschneider-Ameisen ja auch so zubeißen können, dass Blut fließt. ;)

MfG,
Merkur
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Ameise aus dem Bernstein mit Metall-verstärkten Mandibeln

Beitragvon Anon » Donnerstag 27. September 2018, 17:05

Die Entdeckung wurde vor ziemlich genau einem Jahr schon mal publiziert, was sie aber nicht weniger besonders macht:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File ... rofile.jpg
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/ful ... syen.12253
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Anon
 

Re: Ameise aus dem Bernstein mit Metall-verstärkten Mandibel

Beitragvon Merkur » Freitag 7. Februar 2020, 10:43

Eine neue Ameisenunterfamilie, Haidomyrmecinae

Ganz so neu sind sie nicht, die „Höllenameisen“. Bisher waren sie als Tribus Haidomyrmecini innerhalb der Sphecomyrminae eingeordnet. Und sie sind so alt, dass sie nicht mehr leben:
Es geht um eine fossile Gruppe ganz eigenartiger Ameisen, aus der mittleren bis späten Kreidezeit, so um die 60 bis 100 Millionen Jahre her. Konserviert sind sie in Bernstein.
In einem Artikel über einige neue Funde aus Myanmar wird die Gruppe nun hochgestuft zu einer eigenen Unterfamilie.

Die neue Arbeit ist nicht frei zugänglich, aber eine Abbildung daraus zeigt wenigstens, welch skurrile Geschöpfe diese Ameisen waren. Vermutet wird eine räuberische Ernährung,
doch wie die Mandibeln und die Fortsätze am Kopf verwendet wurden, bleibt natürlich unbekannt.

Haidomyrmec..4604-gr8.jpg
Aus der hier vorgestellten Veröffentlichung

Perrichot, V., Wang, B., Barden, P.: New remarkable hell ants (Formicidae: Haidomyrmecinae stat. nov.) from mid-Cretaceous amber of northern Myanmar
Cretaceous Research, Volume 109, May 2020 https://www.sciencedirect.com/science/a ... d=coauthor

Abstract
Haidomyrmecines (hell ants) are a group of putatively predatory ants defined by mandibles that are dorsoventrally expanded, and highly modified heads with a variety of cranial appendages.
These ants are known exclusively from three Cretaceous amber deposits in France, Myanmar, and Canada. Here we describe four new genera and five new species from specimens preserved
in mid-Cretaceous (uppermost Albian–lowermost Cenomanian, ca. 99 Ma) amber from the Kachin State of northern Myanmar: Dhagnathos autokrator gen. et sp. nov.,
Chonidris insolita gen. et sp. nov., Aquilomyrmex huangi gen. et sp. nov., Protoceratomyrmex revelatus gen. et sp. nov., and Linguamyrmex brevicornis sp. nov.
We propose a new subfamilial rank for hell ants, i.e., Haidomyrmecinae stat. nov., based on recent phylogenetic analyses. A diagnosis and a key to the genera and species of
Haidomyrmecinae are provided. The mouthparts and cranial features of these remarkable taxa display a series of morphological syndromes that likely relate to specialized prey capture.
The diversity of these and other described hell ants underscores the extensive radiation of adaptive forms that were present early in ant evolution.

MfG,
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Re: Ameise aus dem Bernstein mit Metall-verstärkten Mandibel

Beitragvon Teleutotje » Samstag 29. Februar 2020, 14:32

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