Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Beitragvon Reber » Mittwoch 3. Juni 2015, 11:41

Leider konnte das eigentliche Ziel der kleinen Exkursion - die Beobachtung von Polyergus rufescens – nicht erreicht werden. Die obligatorischen Sklavenjäger blieben unauffindbar, obwohl sie in der Gegend nachweislich vorkommen.
Der Pfynwald ist ein zehn Quadratkilometer kleines Naturreservat. Der mal dichte, mal lichte Wald wird von frei fliessenden Flüssen durchzogen und von der ein oder anderen Kiesgruben gesäumt. Die Landschaft ist von Murgängen, Waldbränden und Überflutungen geprägt. Das Gebiet ist äusserst Artrenreich.
Wald.JPG
Fluss.JPG
Kiesgrube bei Leuk.JPG


Der Ameisenfreund wird als erstes von riesigen Camponotus ligniperdus Major-Arbeiterinnen begrüsst. Kein Wunder, die zahlreichen dealaten Gynen zeugen davon, dass unlängst ein Schwarmflug stattgefunden haben muss.
Major-Arbeiterinnen Camponotus ligniperdus .JPG
Camponotus ligniperdus Major.JPG
Camponotus ligniperdus Gyne.JPG


Camponotus vagus ist hier ebenfalls überall anzutreffen. Auch ihre Arbeiterinnen erreichen eine beachtliche grösse. Meine jungen C. ligniperdus aus im Formicarium zu Hause übertreffen sie jedenfalls um Längen.
Nest Camponotus vagus.JPG
Camponotus vagus Major.JPG


Natürlich dürfen auch die echten Waldameisen nicht fehlen. Aufgrund der starken Rotfärbung und der für Waldameisen typischen Abwehrhaltung, die die Tiere einnahmen, gehe ich davon aus, dass es sich um die Strunkameise Formica cf. truncorum handelt.
Formica cf. truncorum.JPG
Formica cf. truncorum1.JPG


An Waldrändern und Flussufern gibt es überall einzelne Nester der dunklen Formica cf. fusca. Am Flussufer kommen zudem grössere Kolonien einer grauen Serviformica aus der cinerea-Gruppe vor.
Serviformica.JPG
Camponotus ligniperdus Gyne fällt Serviformica zum Opfer.JPG
  • 7

„Doch vor allen Dingen:
Das worum du dich bemühst,
möge dir gelingen.“
Benutzeravatar
Reber
Moderator
 
Beiträge: 1756
Registriert: Mittwoch 9. April 2014, 15:31
Wohnort: Bern
Bewertung: 3701

Re: Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Beitragvon Merkur » Mittwoch 3. Juni 2015, 13:59

Den Pfynwald habe ich 1966 durch H. Kutter kennen gelernt! Meine Sammlung von damals umfasst auch eine Probe Polyergus. Ansonsten haben wir den dort häufigen temporären Parasiten Lasius carniolicus geholt, für ein Filmprojekt. In späteren Jahren hatte ich da auch Leptothorax pacis (ehem. Doronomyrmex) gesammelt.
Auf Exkursionen ins Wallis war ich mehrmals mit Studentengruppen dort, wobei wir immer wieder die Seen im Bergsturzbereich besucht haben. Da konnte ich leicht an Ringelnattern heran schwimmen, sie greifen und den Studierenden vorführen! :) Und das kristallklare Wasser war nach ein paar Stunden im trocken-heißen Kiefernwald eine Wohltat. - Leider wird die Idylle seit geraumer Zeit durch einen Campingplatz ziemlich gestört. :(

Danke für den Bericht!
Merkur
  • 1

Benutzeravatar
Merkur
Beirat
 
Beiträge: 3583
Registriert: Sonntag 6. April 2014, 07:52
Wohnort: Reinheim
Bewertung: 9807

Forschung im Pfynwald: Franz R. Schmid

Beitragvon Merkur » Mittwoch 3. Juni 2015, 16:57

Im Pfynwald hat auch ein (damals) junger Ameisenfreund unter Anleitung von H. Kutter 1975 eine Untersuchung über Lasius carniolicus für „Schweizer Jugend forscht“ angefertigt: 1.Preis! Ebenso hat er in demselben Jahr den ersten Preis beim „Internationalen Philipswettbewerb“ errungen.

Franz R. Schmid wurde Lehrer, und hat 1980 ein Bändchen „Wunderwelt der Ameisen“ (89 S.) im Hallwag-Verlag herausgebracht.
Bei Amazon fand ich das Bändchen jetzt gebraucht, ab € 0.01 bis € 2.50. (Der Preis ist kein Witz!)

Der Inhalt entspricht weitgehend dem, was man in anderen populären Ameisenbüchern findet. Es gibt auch ein kurzes Kapitel „Ameisen als Haustiere“. Die Haltungsempfehlungen für ein paar einheimische Arten, Bau eines Gipsnestchens plus Arena, Betreuung und Fütterung der Ameisen usw. haben sich bis heute nicht wesentlich geändert.
http://www.amazon.de/Wunderwelt-Ameisen ... er+Ameisen

MfG,
Merkur
  • 1

Benutzeravatar
Merkur
Beirat
 
Beiträge: 3583
Registriert: Sonntag 6. April 2014, 07:52
Wohnort: Reinheim
Bewertung: 9807

Re: Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Beitragvon Trailandstreet » Mittwoch 3. Juni 2015, 21:06

Eine sehr schöne Gegend, wie es scheint. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dort unterwegs zu sein.
Ich muss wohl bei meinen Ausflügen in den Sauwald auch öfter wieder mal die Kamera mitnehmen.
  • 1

Benutzeravatar
Trailandstreet
Mitglied
 
Beiträge: 1170
Registriert: Mittwoch 9. April 2014, 21:02
Wohnort: Ho'mbua
Bewertung: 1692

Re: Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Beitragvon Reber » Montag 15. Juni 2015, 22:09

Merkur hat geschrieben:Auf Exkursionen ins Wallis war ich mehrmals mit Studentengruppen dort, wobei wir immer wieder die Seen im Bergsturzbereich besucht haben. Da konnte ich leicht an Ringelnattern heran schwimmen, sie greifen und den Studierenden vorführen! :) Und das kristallklare Wasser war nach ein paar Stunden im trocken-heißen Kiefernwald eine Wohltat. - Leider wird die Idylle seit geraumer Zeit durch einen Campingplatz ziemlich gestört. :(


Schlangen gibt es in der Gegend anscheinend immer noch recht häufig. Genau so wie den - wie das Blid leider zeigt - tatsächlich störenden Campingplatz. Die Natter im Bild, ich vermute eine Äskulapnatter (Zamenis cf. longissimus), wurde von einem Auto auf der Zufahrtsstrasse überfahren.
Natter.JPG


Andererseits wird so vielleicht der eine oder andere Camper für die Wichtigkeit solcher Naturparks sensibilisiert...
  • 3

„Doch vor allen Dingen:
Das worum du dich bemühst,
möge dir gelingen.“
Benutzeravatar
Reber
Moderator
 
Beiträge: 1756
Registriert: Mittwoch 9. April 2014, 15:31
Wohnort: Bern
Bewertung: 3701

Re: Ausflug in den Pfynwald bei Leuk

Beitragvon Reber » Donnerstag 13. August 2015, 16:38

Gestern war ich wieder auf einen Abstecher in der Gegend. Leider gelang es mir wieder nicht, einen Polyergus-Raubzug anzutreffen.
Die Inspektion eines Serviformica (Formica cf. rufibarbis?) lies zwar Hoffnung aufkommen. Beim Nest herrschte grosse Aufregung und einige Arbeiterinnen schienen sich mit Puppen auf Grashalme geflüchtet zu haben. Von allfälligen Angreifern fehlte aber jede Spur.
Serviformica aufgeregt auf Grashalmen kletternd.JPG
Formica cf. rufibarbis mit Brut auf Halm.JPG


Etwa 500m weiter weg, entdeckte ich Spuren einer "Schlacht". Auffällig viele zerstückelte rote und schwarze Ameisenteile lagen verteilt auf einem Formica cf. rufibarbis-Nest herum.
Beim genauerm Hinsehen wurde mir klar, dass eine der grossen heimischen Camponotus-Arten am Konflikt beteiligt gewesen sein muss. Fast sah es so aus, als ob die Überreste der toten Angreiferinnen als Warnung auf dem Nesthügel liegen gelassen wurden.
Nesteingang Serviformica umgeben von Schlachtfeld.JPG
Schlachtfeld auf Serviformica Nest.JPG


Obwohl die gossen Camponotus-Arten in der Gegend über riesige Major-Arbeiterinnen verfügen, können sich die kleinen Arten doch gut behaupten. "David gegen Goliath" - wie die folgenden Bild zeigen. "David" hat hier aber keine Schleuder, sondern massig Nestgenossinnen dabei und so muss die Camponotus ligniperdus fluchtartig das Feld räumen, nach dem sich immer mehr Lasius cf. niger in sie verbeissen (man betrachte den Grössenunterschied!).
Camponotus ligniperdus vs Lasius cf. niger.JPG


Ähnlich schaut die Situation hier aus: Tetramorium-Arbeiterinnen haben sich eine (vermutlich vorher zertretene) Camponotus vagus geschnappt. Obwohl in der unmittelbaren Umgebung viele der aggressiven C. vagus Arbeiterinnen - in Gruppen! - patroullieren, ziehen sie sich bei Kontakt mit der Tetramorium-Gruppe sofort zurück!
Tetramorium sp. verwerten eine tote C. vagus.JPG


Das Fouragieren in Gruppen ist mir bei Camponotus vagus zum ersten mal aufgefallen. Ob sich die sonst einzeln fouragierenden Tiere so besser vor Feinden zu schützen versprechen?

Andere Arten habe da ja längst eine Strategie gefunden: Sie legen dicht belaufene Strassen an, wie hier Lasius fuliginosus:
Lasius fuliginosus Strasse.JPG


Neben den Ameisen gibt es in der Gegend natürlich auch viele andere interessante Tiere zu beobachten. Etwa Russische Bären...
Ein Russicher Bär in Ruhestellung Euplagia quadripunctaria.JPG


... Fleischfliegen und sonstige Schrecken:
Kurzfühlerschrecke.JPG
Ödlandschreke Oedipoda cf. caerulescens.JPG
Sarcophaga cf. carnaria.JPG
Hummel Bombus cf. pascuorum.JPG
Furchenbiene Halictus cf. quadricinctus.JPG
Halictus cf. quadricinctus.JPG
Vermutlich eine Pillenwespe Eumenes sp.JPG
  • 4

„Doch vor allen Dingen:
Das worum du dich bemühst,
möge dir gelingen.“
Benutzeravatar
Reber
Moderator
 
Beiträge: 1756
Registriert: Mittwoch 9. April 2014, 15:31
Wohnort: Bern
Bewertung: 3701


Zurück zu Naturbeobachtungen und Reiseberichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 17 Gäste

Reputation System ©'