Genaue Angaben zu Fundorten und Fundumständen …

Genaue Angaben zu Fundorten und Fundumständen …

Beitragvon Merkur » Donnerstag 5. Juni 2014, 17:24

…. Sind oftmals wichtig, wenn es um Fragen zur Bestimmung von Ameisen geht, oder um Einträge unter „Schwarmflüge“, oder um Fragen zu Haltungsbedingungen.
Dazu gehören auch oft wichtige Angaben zum Klima, zum aktuellen Wetter, zur Nistgelegenheit, zu Größe und Aussehen eines Nestes, zur Umgebung (Wald, Waldrand, Wiese, Feldrain, Höhenlage …), zu „besonderen Aktivitäten“ (z. B. Rindenlausbesuch, Geschlechtstiere an der Oberfläche, Raubzug bei Sklavenhaltern etc.).

In diesem Thread sollten Beiträge zu dem genannten Themenkomplex gepostet werden. (Kann verschoben werden, wenn sich ein besser geeignetes Unterforum finden lässt?)

Wie genau man heute Ortsangaben machen kann, will ich an einem Beispiel verdeutlichen.
Gleich vorweg: Nicht immer sind derart genaue Angaben nötig, etwa wenn es um die Bestimmung von Hausameisen geht: Nicht jeder mag seine Adresse öffentlich posten. Aber da genügt oft die nächste bekanntere Stadt, und etwas zum Gebäude, dessen näherer Umgebung, usw..
Nicht exakt veröffentlichen sollte man auch z. B. die genaue Lage von Nestern oder Fundorten seltener und evtl. gefährdeter Ameisenarten, die womöglich Begehrlichkeiten bei Haltern oder gar Lieferanten von Händlern wecken könnten (Bsp. Polyergus rufescens und andere seltene sozialparasitische Arten).

Nun zu meinem Beispiel:
Vor Jahren habe ich für ein Forschungsprojekt über das komplizierte System der Gattung Tetramorium in Europa Material aus der Umgebung von Darmstadt an ein Forschungsinstitut geliefert. Nun gab es eine Rückfrage zu einem der Fundorte, den ich damals „recht gut“ dokumentiert hatte ("Darmstadt-Eberstadt, Nähe Frankensteinschule"). Im Kopf hat man dann noch mehr Einzelheiten.
Ich wurde gebeten, neues und v. a. frisches, in einer neuartigen Lösung zu konservierendes Material von dem Fundort zu beschaffen, das für eine verbesserte Analyse des Erbmaterials Verwendung finden soll.

Nun gibt es Google Earth. Ich habe eine Kopie des fraglichen Bereichs ausgedruckt und bin damit an den Fundort gefahren. Dort habe ich 10 Proben eingesammelt, in nummerierte Sammeltuben, zu Hause vom Sand getrennt und in die Fläschchen mit der Konservierungsflüssigkeit gefüllt.
Meine Helferin hat im Gelände die Fundstellen so genau wie möglich in den Ausdruck eingezeichnet (Mit Schmutzfingern vom Graben ist das weniger angenehm). Einen Scan davon konnte ich dann zusammen mit den Probenfläschchen an die Forschungsinstitution versenden. Zur Verdeutlichung füge ich diesen Scan hier ein. Der Fußzeile kann man die exakten Koordinaten und die Meereshöhe entnehmen. Die Aufnahme ist jüngeren Datums, vom August 2013, so dass die Vegetation noch gut mit der Natur übereinstimmt.

Tetramorium-Eberstadt.jpg
10 Fundstellen für Tetramorium sp.
Von dem Bereich bei Fundpunkt 1 und 2 stammten die ursprünglich analysierten Tiere. Die offenen Flächen sind abgetrampeltes Dünensand-Gelände mit schwachem Bewuchs. Die schräg rot gekennzeichneten Flächen wurden abgegangen, doch sind da die Tetramorium-Völker wohl verschwunden: Hoher Graswuchs dank eines feuchtwarmen Frühjahrs und Überdüngung durch Hundekot. Entlang von Trampelpfaden und rund um den Bolzplatz waren die meisten Nester zu finden.
Interessant ist die Genauigkeit der Google-Earth-Karte: Z. B. sind links von Punkt 4 vier grüne Flecken zu erkennen: einzelne Ginsterbüsche! Man kann Nestfunde auf 1-2 m genau lokalisieren!

So etwas hätte ich früher auf meinen vielen Reisen haben mögen, wo wir zahllose Völker sozialparasitischer und anderweitig interessanter Ameisen gesammelt haben, und oft nur angeben konnten: „100 m W der Staatsstraße 211 zwischen A. und B., ca. 4 km von B“. Nur die Erinnerung an die geeigneten Habitate konnte bei einem späteren Besuch helfen, die Stellen einigermaßen exakt wieder zu finden!

Als Zugabe konnten wir während der Sammelaktion bei der Frankensteinschule die Fußball-WM vorweg genießen: Vier Schülergruppen, eine davon repräsentierte Deutschland, lieferten sich Spiele auf dem Bolzplatz. „Deutschland“ landete an 4. Stelle. Ein Omen? :D

MfG,
Merkur
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