Ameisenstraße ohne Ziel

Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Hoffer » Dienstag 17. Juni 2014, 10:23

Ach, danke!
Was außer P.r. könnte das sein...? Bitte wenn möglich öfter in diesem Bereich suchen ;-)

Ich arbeite in Wr. Neudorf, vielleicht könnten wir ja mal gemeinsam der Sache nachgehen, oder du schickst mir genauere Ortsangaben via GoogleMaps, dann könnte ich mir das Gebiet auch mal alleine ansehen - ist wirklich sehr spannend!!!

LG Hoffer.
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Palmstroem » Donnerstag 19. Juni 2014, 08:28

Guten Tag zusammen.
Sorry, ich war ein paar Tage ziemlich krank, und daher keine Reaktion. Zuerstmal danke an fink2 für das Hochladen des Videos. Ist natürlich absolut in meinem Sinne. Was man auf dem Video leider sehr schlecht sieht. Auf dem obersten Stein im Bild war zu dem Zeitpunkt noch kein Tier.
Der genaue Ort ist: 2344 Maria Enzersdorf, Giesshüblerstraße 8, 48.099884, 16.278131.
Freut mich, dass dieses Phänomen Euer Interesses geweckt hat.
Ich habe bisher noch keine ähnlichen Nachfolgebeobachtungen gemacht, werde aber Ausschau halten und dann versuchen näherer Bilder zu bekommen.
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Palmstroem » Donnerstag 19. Juni 2014, 09:44

Aufgrund des regen Interesses habe ich mich jetzt noch mal auf die Pirsch begeben und in unmittelbarer Nähe zum ursprünglichen Beobachtungsort dieses Exemplar fotografiert. Bin ziemlich sicher, dass es sich dabei um die gleiche Art handelt. Größe ca. 10mm mit Antennen und Haxerln. Rein Kopf bis Hinterteil 8-9mm.
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IMG_0328.JPG
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Boro » Donnerstag 19. Juni 2014, 10:21

Hallo Palmstroem!
Ist damit die erste Aussage mit etwa "5 mm Länge" und "braun-schwarz" vom Tisch? Ich weiß schon, der erste Eindruck ist oft verwirrend und aus einiger Entfernung kommt man zu einer "vorläufigen" Aussage. Bei dem gezeigten Exemplar handelt es sich um eine Formica (Serviformica) rufibarbis (u. U. auch F. clara). Damit bleibt das Rätsel jedoch weiter ungeklärt! Diese Art führt keine Raubzüge gegen andere Arten durch und darum handelt es sich lt. Video eindeutig! Das ist ganz sicher kein friedliches Ausrücken um eine Dauernahrungsquelle zu erschließen und zu sichern.
Inzwischen habe ich einen Verdacht....... Ich schau mir das Video noch einmal in Ruhe an!
L.G.

Ich hab mir nun das Video noch einmal in Ruhe angeschaut, die Bewegungsmuster der Teilnehmer, das Ausfächern in die Breite etc. und komme zu einem Schluss, der jenem von Hoffer (weiter oben) entspricht: Trotz der Einwände von Farbdarstellung oder Marschordnung bin ich für[b] Polyergus rufescens und zwar ziemlich eindeutig[/b]Ich begründe meine Entscheideung folgendermaßen:
1. Es gibt keine heimische Art, die derartig geformte Angriffszüge durchführt (Raptiformica macht lose Vorstöße in langgezogenen, dünn belaufenen Straßen; scheidet wegen der Bewegungsmuster völlig aus!)
2. Es handelt sich um sicher mehr als 1000 Individuen, das ist bei Polyergus möglich. Mein "größtes" Nest vor einigen Jahren hatte über 2000 recht gut gezählte Mitglieder.
3. Der rasche, konsequent vorgetragen und massive sowie sehr zielgerichtete Vorstoß spricht f. Poyergus.
4. Die recht breit auseinandergezogene Marschordnung ist auf künstlicher Unterlage, wo zudem Duftmarkierungen sicher zwischendurch verwischt wurden, sogar leicht möglich.
5. Ganz typisch f. Polyergus ist das gleichzeitig mit dem Vormarsch stattfindende Rücklaufen einiger Arbeiterinnen, es ist immer zu beobachten und dient dem (phoromonell) gesteuerten Zusammenhalt der Marschordnung Das ist f. mich das stärkste Indiz, Raptiformica läuft während des Angriffs nur im Zuge des Rücktransportes von Beute zurück!
6. Das Verbreitern der Marschordnung, das Auseinanderschwärmen vor allem an der Spitze der Truppe ist typisch für die Art und lässt auf Unsicherheit in der Orientierung schließen. Das passiert vor allem auf glatter Unterlage, diese Erscheinung lässt auf die Orientierung nach einer (etwas unklaren, viell. verwischten) Pheromonspur schließen und nicht auf die vorrangige Orientierung nach dem polarisierten Himmelslicht! Ganz abgesehen davon verwendet Polyergus auch Landmarken zur Orientierung, die auf einer glatten Oberfläche völlig fehlen.
7. Ich gratuliere dem Polyergus-Kenner Hoffer zu seiner frühen Aussage, obwohl dieser Fall schwierig zu lösen war; vor allem wegen der Größenangabe "5 mm" u. der "schwarz-braunen" Farbe. Mit der revidierten Farbmöglichkeit rötlich-braun-dunkel ist der Fall klar.
8. Ich konnte auch zahlreiche Raubzüge v. Polyergus auf asphaltierten Flächen beobachten, die waren öfter breiter angelegt und wurden manchmal zögerlich vorgetragen, d. h. es gab sogar Stopps, wo die Tiere durch Auseinanderlaufen sicher einen m² Fläche bedeckt haben. Nach kurzer Zeit fanden einige Individuen wieder die Spur und es ging weiter!
9. Orientierungunsicherheiten mit einem breiten Auseinanderlaufen und oftmals auch völligem Stop im Gelände sind keineswegs selten vorkommend!
L.G.Boro
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Boro » Donnerstag 19. Juni 2014, 11:00

Ich gratuliere Palmstroem zu seinem Fund! Die Art ist bekanntlich selten und in vielen Teilen Mitteleuropas vom Aussterben bedroht. Ich weiß, dass die Art im randpannonischen Raum Ostösterreichs noch bessere Bestände hat. Trotzdem: Die Art ist gefährdet, sollte in Ruhe gelassen und nach Möglichkeit geschützt werden. Jetzt laufen die Raubzüge bei schönem Wetter täglich am Nachmittag zwischen 16:00 und 19:00 (Sommerzeit). Vielleicht kannst du das Nest auskundschaften, wenn du dorthin gehst, woher der Raubzug gekommen ist. Die Marschroute ist meistens ziemlich gerade verlaufend, bildet also im Idealfall die kürzeste Verbindung zw. Ausgangsnest und Zielnest!
L.G.
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Palmstroem » Donnerstag 19. Juni 2014, 11:51

@Boro: Du hast recht. Die Ameisen im Video sind deutlich mehr rötlich braun, als die am Foto. Größe könnte auch bis zu 1cm sein, aber offenbar ist die Erinnerung ein Hund und nicht so vertrauenswürdig. Was richtig ist, und das sieht man auch auf dem Video sehr schön, dass einzelne Tiere zeitweise zurück laufen, dann aber wieder umkehren. Ich habe auch das Ende der Ameisenstraße eine Zeit lang beobachtet, und da gab es zwar einzelne Nachzügler aber keine, die in entgegengesetzter Richtung also wieder nach Hause gelaufen wären.
Ich werde also zwischen 16:00 und 19:00 noch ein wenig auf die Pirsch gehen und den Nachbarn sagen, dass sie wertvolle, schützenswerte Ameisen im Garten haben. Dort haben sie's aber ohnehin gut, weil ungestört. Dort wohnt eine Ärztin in Rente, die das halbe Jahr mit dem Wohnmobil unterwegs ist. ;-)
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Boro » Donnerstag 19. Juni 2014, 14:26

Das du kein Ziel gesehen hast ist klar, es lag in einem anderen Garten. Wenn die Amazonen dieses erreichen, wird es seiner Brut beraubt und erst dann wird der Rückzug angetreten. Theoretisch kann so ein Raubzug bis zu einer Distanz von über 85 m führen und bei schwierigem Gelände auch 1 Stunde dauern; das sind aber schon die Extremfälle. Polyergus-Arbeiterinnen sind in der Regel zw. 7 und 8 mm groß und entsprechen großen Arbeiterinnen von Formica rufibarbis. Die eine Arbeiterin, die du fotografiert hast, weist darauf hin, dass diese Art dort heimisch ist und als Wirtsameise gerade im randpannonischen Bereich oft in Frage kommt.
Näheres dazu gibts bald in einem eigenen Thread zu Polyergus mit der sehr interessanten Biologie...
Bis dahin.....
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Merkur » Donnerstag 19. Juni 2014, 19:54

Ich will (und kann) mich der Interpretation als Raubzug von Polyergus nicht widersetzen. Boro hat selbstverständlich mehr solcher Raubzüge gesehen als ich, der ich zu einem möglichen Beobachtungsort fast 80 km zu fahren habe! Zudem habe ich sie nie anders als in kurzgrasigem Trockenrasen beobachten können, und meistens in Anwesenheit von 8-10 Studierenden, die natürlich auch noch etwas anderes sehen wollten. :)
Die Diskussion ergab auch Widersprüchliches, so schrieb Palmström am 13. Juni ausdrücklich:
„Das Auffällige war jedoch, dass gar keine Tiere zurückgelaufen sind. Die sind alle in nur eine Richtung gelaufen.“

Die Farbangabe war besonders stark von der Realität abweichend.
Hätte Palmstroem die Art als Polyergus rufescens erkannt, wäre das Video (ohne Artangabe) ein perfekter Beitrag für den "Rätselthread“ geworden. :D
Ich hoffe, es lässt sich noch nachweisen, dass tatsächlich in der Nähe ein Nest von Polyergus vorhanden ist.

MfG,
Merkur
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Re: Ameisenstraße ohne Ziel

Beitragvon Hoffer » Montag 23. Juni 2014, 12:52

Hallo Zusammen!

@Palmstroem: danke für die genaue Ortsangabe, das ist ja nur 15 min. von meiner Arbeit weg...

Bei Gelegenheit (vielleicht schon heute ;-)) werde ich mal nach der Arbeit vorbeischauen und mal sehen, vielleicht findet man das Nest.

LG Andreas.
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