Waldbrände und "Feuerökologie"- Australien

Waldbrände und "Feuerökologie"- Australien

Beitragvon Merkur » Donnerstag 31. Juli 2014, 17:11

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Feuerökologie (Fire Ecology) ist seit den 70er Jahren ein Lehr- und Forschungsgebiet der Ökologie, auch in Deutschland. Z. B.: http://www.fire.uni-freiburg.de/feueroekologie/

Von Australien ist bereits lange bekannt, dass man Wald- und Buschbrände nicht immer bekämpfen muss, ja, dass sie dort zur normalen Ökologie gehören. Pflanzen- und Tierwelt haben sich über Jahrmillionen darauf eingestellt. Manche Pflanzensamen keimen erst nach einem Feuer.
So weit, so gut in der Theorie.

In der Praxis haben wir im September/Oktober 2006 im südlichen Westaustralien einiges davon zu sehen bekommen. Und die praktische Anschauung geht halt doch immer noch über die Theorie!
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Wälder und der „Busch“ in weiten Bereichen Australiens sind undurchdringlich, Sträucher und niedrige Vegetation wirken dornig, hart und abweisend.
Auch Samen und Früchte sind oft steinhart, hier als Beispiel die vorjährigen Früchte von zwei Hakea(?)-Arten (Wir haben uns einen „Guide to the Wildflowers of Western Australia“ gekauft. Die Fülle an fremdartigen Formen und ebenso ungewohnten Namen ist überwältigend. Und es ist nur eine Auswahl von über 10.000 Arten). Weiche Früchte gibt es hauptsächlich in Form von nur kleinen Beeren.

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Wald- und Buschbrände sind etwas Alltägliches. Hier ziehen Rauchwolken über das Städtchen Kalbarri.
Von hier aus haben wir den gleichnamigen Nationalpark erkundet. Hier mündet der Murchison River in den Indischen Ozean. Die wilde Schluchtenlandschaft des Flusses ist die Hauptattraktion im Park.

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Viele der zahlreichen Nationalparks in WA sind scheinbar unermesslich groß. Hier ein Blick vom West Mount Barren über den Fitzgerald River NP.
Keine Spur menschlicher Aktivitäten, Natur pur, unendlicher Busch. Mit dem Fernglas lassen sich darin immer wieder Flächen entdecken, die vor einem oder einigen wenigen Jahren abgebrannt waren. (Die dunklen Flecken allerdings sind Wolkenschatten).

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Die Vegetation passt sich an. Hier ein Grasstree, „Grasbaum“ aber weder Gras noch Baum und eigentlich ein Liliengewächs (Xanthorrhoea pressii).
Die Pflanzen werden sehr alt; die verdorrten Blätter brennen immer wieder ab, weshalb die Stämme eigentlich immer schwarz sind. Daher auch der Name „Blackboy“. Meist ist es nur ein Stamm, aber manchmal verzweigen sie sich auch, so wie dieses prächtige Exemplar.

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Manchmal stirbt auch so ein Grasstree und bricht dann ab. Das Ergebnis ist so ein Querschnitt, der an eine Silberdistel erinnert.

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Große, alte Bäume finden sich im südwestlichen Westaustralien (ja, das ist wirklich in Australien!).
Auch sie überstehen im Laufe von 3-400 Jahren so manchen Waldbrand. Sehr oft frisst sich das Feuer unten in den Stamm, wo sich dann später Laub usw. ansammelt, so dass beim nächsten Feuer der Hohlraum noch weiter ausbrennt. Dies ist ein lebender (!) Eucalyptus, ein Red Tingle Tree, Eucalyptus jacksonii), in der Nähe des berühmten Treetop Walk bei Walpole. Diese Bäume gehören zu den größten von Westaustralien, werden bis 60 m hoch und haben an der Basis einen Umfang von bis zu 16 Metern (zum Vergleich: Unsere Stein- und Stieleichen werden 20-40 m hoch!). Möglich ist dieses Wachstum dadurch, dass es an bis zu 185 Tagen im Jahr regnet. – Australien mal ganz anders als man denkt!

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Auch ein solcher Casuarina-Bestand übersteht scheinbar verheerende Feuer.
Die Zweige erinnern an die Tamarisken aus dem Mittelmeergebiet (bei uns als Ziersträucher angebaut). Dieser Bestand, erst vor ein paar Wochen abgebrannt, treibt allenthalben an den schwarz verkohlten Stämmen frisch aus. Dank des regenreichen Frühjahrs steht reichlich Wasser um die Stämme herum.

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Vor der Abholzung durch die weißen Eindringlinge im Anfang des 20. Jh. (erst um die 120 Jahre her!) gab es gigantische Bäume, wie zahlreiche Stubben dieser Dimensionen hier in der Umgebung von Pemberton zeigen.
Der nachgewachsene Karri-Wald ist ca. 70-80 Jahre alt. Einem Info-Blättchen entnahmen wir, dass damals einer der Holzbarone seine Arbeiter anwies, die Stämme tiefer unten abzuschneiden, weil dann leicht pro Stamm ein Kubikmeter mehr Holz zu gewinnen sei. Weiter oben ist der Stamm dünner, da kam man schneller durch. Ich fragte mich allerdings, welch "lange Kerls" das wohl waren, die eine Säge derart hoch am Stamm ansetzen konnten? Man bedenke zudem: Alles war Handarbeit; die Stihl-Kettensäge wurde Jahrzehnte später erst erfunden!
Wir erfuhren, dass man niedrige Gerüste um die Stammbasis errichtet hat, von wo aus man die Sägen handhaben konnte.

Um diese Zeit aber kam man auch auf die Idee, dass Feuer die Reste der Fällarbeiten, Reisig, Äste, Laub, rasch und gründlich beseitigt. Und in der Asche wuchsen, oh Wunder, ganz schnell neue Bäume auf! Es war keinerlei Aufforstung nötig, der Wald wirkt natürlich, die Bäume stehen nicht preußisch akkurat in Reih und Glied. Auch heute noch brennt man abgeholzte Flächen oft einfach ab, und zur Pflege von Naturwaldbeständen werden kontrollierte Feuer gelegt.

009-Anthill ash web.jpg
Ameisennest-Eingänge kurz nach einem Waldbrand. Wahrscheinlich haben die Völker tief im Boden überlebt!

MfG,
Merkur
(Dieser Beitrag wurde im Nov. 2006 im Antstore-Forum veröffentlicht, zusammen mit einigen weiteren Berichten von jener Reise. Hier wird er in leicht angepasster Form vorgelegt).
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