Apropos Wetter: Ich komme gerade von der Besichtigung v. 4 Polyergus-Nestern zurück. Der erste schöne Sommertag seit langem, 25° und vorwiegend Sonnenschein - aber es tut sich fast nichts mehr, von Raubzügen keine Spur. Ich hab zwar nicht 2 Stunden gewartet, aber der Hauch des Herbstes liegt über den Polyergus-Nestern. Vermutlich hat das wochenlange wechselhafte, kühle u. regenreiche Wetter dazu beigetragen, dass für heuer Schluss sein dürfte. Dass das Wetter in Norditalien an der Adria nicht besser war, ist ein schwacher Trost ....die unzähligen Mittelmeertiefs sind schuld, die vor allem den Süden Österreichs treffen.
Insgesamt ein schlechtes Jahr für Polyergus, nur eine geringe Zahl an schwärmenden Geschlechtstieren und eine stark verkürzte Aktivitätsphase.
Nun, deine Hilfsameisen können wir nur unter dem Bino einer Bestimmung zuführen. Den "schimmernden Glanz", die Pubeszenz, haben eigentlich alle Serviformica spp., bei der cinerea-Gruppe sehen wir das "flächendeckend" am ganzen Körper, bei F. fusca vor allem auf der Gaster. F. cunicularia u. F. rufibarbis sind oft an Einzeltieren kaum zu unterscheiden, mit Nestserien geht es ganz gut, unterm Bino ebenfalls.
Ich finde auch, dass die Angaben zu den "meist kampflosen" Plünderungen in der Literatur etwas verharmlost werden. Ich bin ziemlich sicher, dass keiner so verrückt ist wie der Boro, der deutlich über 250 (ich vermute, es sind jetzt an die 270) Raubzüge beobachtet hat und noch immer etwas "Jagdfieber" verspürt. Andererseits darf ich sagen, dass ich mittlerweile alle Nuancen des Geschehens gesehen habe. Ich kann mich da nur wiederholen: Vor allem bei Formica rufibarbis scheint es entscheidend zu sein, ob es den Angreifern in Ausnützung des Überraschungseffektes gelingt massiv in das Nest einzudringen (u. dort die Propagandasubstanz freizusetzen) od. ob etliche Amazonen schon im Vorfeld des Nestes attackiert werden und damit die "Blitzalarmierung" der Verteidiger sich mit dem Freisetzen der chem. Waffe durch die Amazonen zeitlich und räumlich überschneiden. Vor allem F. rufibarbis ist immer für Überraschungen gut!
Ganz interessant, was SEIFERT u. a. dazu bemerkt (S. 331): "Plünderung im allgemeinen kampflos, da das angegriffene Nest durch ein Propagangapheromon in Panik versetzt wird. Nur bei Widerstand schnelles Töten der Serviformica durch Biss in Kopfkapsel oder Körper....Sklaven-Arbeiterinnen können die Raubzüge begleiten, gegen Arbeiterinnen des angegriffenen Nestes Tötungskämpfe führen und den Rücktransport der Beute unterstützen."
Auch der große Bert Hölldobler hat sich mit Polyergus befasst (B. HÖLLDOBLER & E. O. WILSON: Ameisen. Die Entdeckung einer faszinierenden Welt, ab S. 151: "Wenn sie ihr Ziel, d. h. ein Nest der Formica-Ameisen ...erreichen, stürmen sie ohne zu zögern in den Eingang, packen die in Kokons versponnenen Puppen, rennen wieder heraus und kehren in ihr eigenes Nest zurück. Sie attackieren und töten jede Arbeiterin, die sich ihnen in der Weg stellt, indem sie Köpfe und Körper der Verteidigerinnen mit ihren säbelförmigen Kiefern durchbohren". (fett gedruckt d. Boro).
Von diesen Fachleuten wird auf möglichen Widerstand hingewiesen....
L.G.