Lasius niger und Lasius platythorax (im 2. Teil)

Lasius niger und Lasius platythorax (im 2. Teil)

Beitragvon Boro » Donnerstag 23. Oktober 2014, 17:49

Lasius niger ist eine Art, die eigentlich jeder kennt und die in fast allen Gärten vorkommt. Es ist sicher die häufigste Art in Mitteleuropa, L. niger gilt als eurytope Art, die mit unterschiedliche Habitaten zurechtkommt und er ist Kulturfolger. Ebenso kann sich L. niger unterschiedlichen Umwelteinflüssen anpassen (ist eurypotent) und wird als eine der wenigen Arten in gepflügten und gedüngten Äckern angetroffen. Notgedrungen habe ich mich jahrzehntelang mit dieser Art (nebenbei) beschäftigt und kann daher meine Eindrücke zusammenfassen:
1. Die Art ist aggressiv und steht in der Dominanzhierarchie weit oben. Bei einem zufälligen Zusammentreffen mit größeren Arten, z. B. Serviformica spp. greift L. niger abrupt an. L. niger dürfte über einen Eigenduft verfügen, der auf viele andere Arten abstoßend wirkt (Repellent ?)
2. Starke Populationen greifen interspezifische Konkurrenten an und können sie vernichten. Mitunter kann man regelrechte Kriegszüge beobachten, die über etliche Meter Entfernung geführt werden. Myrmica spp., Serviformica spp. und sogar ein jüngeres Nest v. Manica rubida wurden im Garten schon vernichtet. Nur ein starkes Nest v. L. emarginatus konnte Parole bieten, ebenso kleinere, kryptisch lebende Arten wie Tetramorium sp. od. Solenopsis fugax.
3. L. niger geht gegen Feinde oft "strategisch" vor: Wenn sie vorrücken, werden unter Blättern/flachen Steinen Lagerplätze und Brückenköpfe gebildet - von dort erfolgt ein systematisches Vorrücken Richtung Ziel. Ebenso beherrscht die Art die Belagerungstaktik: Nester anderer (größerer) Arten können viele Tage lang "belagert" werden ohne dass ein direkter Angriff erfolgt. Es erfolgen immer wieder "Nadelstiche", einzelne Nestbewohner werden von mehreren Angreifern fixiert und im Kollektiv getötet. Das kann zur Verunsicherung dieser Nestbewohner und schließlich zur Abwanderung führen.
4. Intraspezifisch agiert L. niger zurückhaltender, es kommt im Frühjahr zu sog. Kommentkämpfen, Turnierkämpfen, die wenig od. gar keine Opfer fordern.
5. L. niger ist eindeutig lernfähig. Wenn eine Ameisenstraße über Gehwegplatten zu einem Dauernahrungsplatz führt u. immer wieder Individuen zertreten werden, verlegen sie ihre Routen in die Ritzen zw. den Steinplatten; wenn sie auch dort noch zu Schaden kommen verschieben sie ihre diesbezügliche Aktivität nachhaltig in die Nachtstunden.
6. L. niger ist vorsichtig: Im Gegensatz zu anderen Arten konnte ich noch nie eine Nestverlagerung auf der Erdoberfläche beobachten. Wege werden bei feuchter Witterung oft mit einem Erdmantel umgeben. Die Königin hält sich stets in der Tiefe auf und ist kaum jemals in der oberen Bodenschichte zu finden. In Hochgrasfluren können Erdburgen bis zu 50 cm Höhe errichtet werden, dort können bis zu 50.000 Individuen leben (SEIFERT S. 275)
7. Die Art ist ungemein "findig", jede mögliche Nahrungsquelle wird früher od. später entdeckt und sofort im Rekrutierungsverfahren "beschlagnahmt!

Und dabei handelt es sich um kleine Tiere, etwa zw. 2,5 und 4 mm Körperlänge. Das Schwärmen der Geschlechtstiere geht als Massenphänomen über die Runde, der Ausbreitungsflug kann über weite Strecken führen. Die Art meidet Wälder, nasse und sehr heiße Standorte. L. niger-Arbeiterinnen sind nicht leicht zu bestimmen, es gibt andere Arten, deren Arbeiterinnen sehr ähnlich sind, z. B. L. platythorax.

So, viell. fällt mir noch etwas ein; die Fotos folgen später.....
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IMG_4562.JPG
Lasius niger, der Artname ist eigenartig, die Individuen sind bestenfalls "schwärzlich"-dunkelbraun, Beine heller u. am Thorax findet man hin und wieder auch gelbliche Pigment-Einmischungen
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Auch eine unvorsichtige Formica s. str. kann das Opfer der zahlenmäßigen Übermacht werden
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Unter-Steinnest der Art, die Jungtiere sind heller gefärbt
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L. niger u. F. rufibarbis als Nachbarn: Einzelne Arbeiterinnen der großen Nachbarn wurden immer wieder gemeinschaftlich getötet; ein direkter Angriff v. L. niger erfolgte nicht.
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Etwa 10 Arbeiterinnen v. Tapinoma subboreale wichen beim Erscheinen einer L. niger-Arbeiterin sofort zurück
Garten Anf.07 (2).JPG
Eine Gyne, leider ein sehr altes Bild!
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Re: Lasius niger

Beitragvon Boro » Samstag 15. November 2014, 15:23

Blick in das Nestinnere v. L. niger:
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Frisch geschlüpfte Gyne im Nest, der Thorax scheint dorsal eingedrückt. Daneben die Kokonpuppe einer Gyne
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Alate Gyne im gleichen Nest
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Ein anderes Nest mit reichlich Arbeiterinnen-Brut
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Re: Lasius niger

Beitragvon Boro » Samstag 27. Juni 2015, 16:36

Die Gyne wurde gestern nach dem Schwärmen gefunden u. in der Beobachtungsbox fotografiert:
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DSC00038.JPG
laterale Ansicht
DSC00030.JPG
dorsale Ansicht
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Re: Lasius niger

Beitragvon Reber » Sonntag 5. Juli 2015, 23:59

Lasius niger ist immer wieder für eine Überraschung gut. Auf dem Blakon eines befreundeten Nachbarn (die Ameisen wohen dort in Pflanzentöpfen) bot sich ein ungewohntes Bild: Lasius niger Arbeiterinnen schleppten in Messor-Manier gezielt Körner, Samen oder verblüte Blüten(teile) über mehrere Meter in die gleiche Richtung und trugen sie (vermutlich) ins Hauptnest ein. Leider konnte ich die Art der Pflanze nicht eruieren.

Laut Seifert nutz die Art "alle zügänglichen, für Ameisen bekannte subterranen, epigäischen und arborealen Nahrungsquellen" - mit "Ausnahme direkter Granivorie".

Weiss jemand, was die Tiere da eintragen und hat eine Idee was die Ameisen daran verwerten könnten?
Lasius niger tragen körner ein3.JPG
Lasius niger tragen Körner ein1.JPG
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Re: Lasius niger

Beitragvon Trailandstreet » Montag 6. Juli 2015, 07:22

Ich könnte mir vorstellen, dass es sich dabei um Samen mit Elaiosomen handelt. Ich kenn mich ja mit den Samen, bzw Pflanzen nicht so aus, evtl kann man über gewissen Pflanzenforen was heraus bekommen. Eine andere Möglichkeit wäre meiner Meinung nach nur, es haftet einfach nur soviel Nektar an, dass es für sie immer noch interessant ist.

oder es handelt sich hierbeo um Lasius barbarus ;) :P
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Re: Lasius niger und Lasius platythorax (im 2. Teil)

Beitragvon Boro » Dienstag 12. Juli 2016, 20:16

Lasius niger und Lasius platythorax
Jetzt schwärmen sie wieder und man kann häufig Geschlechtstiere beider Arten sehen: L. niger fast überall, L. platythorax eher in Waldnähe, an Waldrändern, mit Vorliebe in Totholz nistend.
Die Arbeiterinnen beider Arten kann man vor Ort nicht unterscheiden, da braucht man auf jeden Fall ein Bino. Etwas einfacher ist es mit den Weibchen beider Arten, diese lassen sich leichter unterscheiden: Die Morphologie zeigt deutliche Unterschiede und dann sind da noch unterschiedliche Behaarungsmerkmale. Wenn man Gynen beider Arten nebeneinander vergleicht, sind die Unterschiede auffällig: (Fotos v. Roman Borovsky).
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L. platythorax: Der Thoraxaufbau ist relativ flach, die Haare am "Rücken" sind etwas länger
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L. niger: Deutlich steilerer Thoraxaufbau, die Härchen am Pronotum/Mesonotum sind etwas kürzer
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