Hallo Maddio,
ich habe versucht, mein Kunstverständnis in meinem Beitrag zu zeigen. In meinen Augen ist es Kunst, aber wie wäre so etwas juristisch zu beurteilen? Wichtig ist dabei, dass man sich klar macht, in welchem Sinne man eigentlich Kunst meint. Meine Definition orientiert sich stark an der des Grundgesetzes, genauer gesagt
Art. 5 Absatz 3 GG.
Kunst im Sinne des GrundgesetzesWas ist denn überhaupt die Kunst im Sinne des Grundgesetzes? Die Antwort ist, wie vieles in der Rechtswissenschaft, nicht ganz eindeutig und umstritten. Wer sich für die Entwicklung des Kunstbegriffes interessiert, der sollte vielleicht mal was vom
anachronistischen Zug, von
Mephisto und auch von
Esra gehört haben. Alles juristisch hoch interessante Entscheidungen!
Im Zuge dessen wird zum Teil sogar ein Verbot einer Kunstdefinition gefordert, damit der Staat nicht eine Einordnung in richtige, wahre oder gute Kunst vornehmen kann. (BeckOK GG/Kempen GG Art. 5 Rn. 157). Diese Ansicht ist zwar eigentlich sehr sympathisch, aber da nun mal die Kunst in Art. 5 III GG besonders geschützt wird, braucht man schon irgendwelche Anhaltspunkte, um sie zu bestimmen.
Dazu werden diverse Theorien vertreten. Nach dem materiellen Kunstbegriff geht es um die freie schöpferische Gestaltung (BeckOK GG/Kempen GG Art. 5 Rn. 158), nach dem formalen Kunstbegriff wird nur auf das Ergebnis abgestellt und geschaut, ob es einen bestimmten Werkstyp zuzuordnen ist ( BeckOK GG/Kempen GG Art. 5 Rn. 159). Der von mir favorisierte offene Kunstbegriff " sieht „das kennzeichnende Merkmal einer künstlerischen Äußerung darin […], dass es wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehalts möglich ist, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiter reichende Bedeutungen zu entnehmen, so dass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt“ ( BeckOK GG/Kempen GG Art. 5 Rn. 160)
Das BVerfG arbeitet meistens einfach mit allen Kunstbegriffen und sorgt so dafür, dass die Kunst umfassend geschützt wird. Was dem geneigten Leser sicherlich auffällt: Das Wort Schöpfungshöhe kommt hier überhaupt nicht vor. Denn die hat damit auch nichts zu tun, das kann man als juristischer Laie natürlich auch einfach mal falsch gehört haben und so kann sich auch ein juristisch absurder Irrglaube manifestieren. Wenn man Leute auf der Straße fragt, wird dort unter einem Mord ( § 211 StGB) auch das "planvolle Töten" verstanden, was juristischer Unsinn ist. Aber darum soll es hier nicht gehen. Zur Schöpfungshöhe aber später etwas mehr.
Was hat ein Künstler denn davon, wenn sein Werk unter den Kunstbegriff des GG fällt? Grundrechte sind hauptsächlich Abwehrrechte gegen den Staat. Sprich: Wenn mir jetzt die Behörde einen Brief schreibt und mir mein Werk verbieten will, dann kann ich mich auf die Kunstfreiheit berufen und hätte dann bei einer entsprechenden Klage gegen die Verfügung gute Aussichten auf Erfolg.
SchöpfungshöheKommen wir zu einer völlig anderen Thematik: dem Urheberrecht. Gem.
§ 2 UrhG besitzen die genannten Werke einen besonderen Urheberschutz. Als Urheber hat man diverse Rechte, insb. kann man anderen Leuten Rechte am eigenen Werk einräumen oder versagen und für die Nutzung ein Entgelt verlangen. Anders als die Grundrechte, die hauptsächlich als Abwehr gegen den Staat fungieren, soll das UrhG den Urheber davor schützen, dass irgendwelche Dritte sein Werk unbefugt nutzen. Urheber wird man übrigens wenn man ein Werk schafft automatisch und das völlig losgelöst vom eigenen Willen. Selbst wenn ich beim Erstellen des Werkes die ganze Zeit "Ich will nicht Urheber sein!" rufe, so werde ich es doch.
Der Gesetzgeber wollte den Urheber umfassend schützen, daher bedarf es auch hier einer weiten Auslegung. (BeckOK UrhR/Ahlberg UrhG § 1 Rn. 4) Der in
§ 2 I UrhG Katalog von geschützten Werken ist dabei nicht abschließend, was man am Wort "insbesondere" erkennen kann.
Es bedarf aber gem. § 2 II UrhG auch einer geistigen Schöpfung. Daher muss das Werk das Ergebnis eines persönlichen Denkprozesses sein. (BeckOK UrhR/Ahlberg UrhG § 2 Rn. 52) Darunter wird dann das unmittelbare und zielgerichtete geistige Schaffen und Gestalten verstanden ( BeckOK UrhR/Ahlberg UrhG § 2 Rn. 54)
Kunst oder nicht?Aufhänger war ja das auf diesem Foto abgebildete Werk:
Die Definitionen von Kunst i.S.d. Grundgesetzes und von schützenswerten Werken i.S.d. UrhG habe ich euch geliefert. Was denkt ihr, passt nun dieses Werk da runter und verdient den Schutz?
Edit:Den Vorschlag von Merkur, das ganze auszugliedern, finde ich wirklich gut! Ihn zu schließen hingegen eher schwach. Zu dem Bild: Ich finde es irgendwie nicht mehr im BdT, ich habe es Freitagabends nach einem anstrengenden Tag beim Feierabendbier erstellt und das dort auch so begründet. Ich glaube, Humor darf sich heute jeder selbst definieren. Wie man sich dadurch auch nur im Ansatz angegriffen fühlen kann, ist mir absolut rätselhaft. Sachen aus dem Kontext zu reißen und mir weitere Dinge zu unterstellen, finde ich hingegen schäbig.
EditeditGefunden!. Darf sich natürlich gerne wieder jeder ein eigenes Bild von machen. Ich fand (und finde) es witzig und stand damit immerhin nicht alleine.
Und ein letztes Editeditedit:
Ist es hier im Forum möglich, geschützte Leerzeichen zu setzen? Wenn das Paragraphenzeichen am Ende der Zeile und die Nummern dann in der nächsten sind, sieht das einfach schrecklich aus!
Zuletzt geändert von Colophonius am Donnerstag 2. Juni 2016, 10:15, insgesamt 3-mal geändert.