Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

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Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Merkur » Donnerstag 25. Mai 2017, 10:13

Einer ausgedehnten Diskussion über die Hobby- resp. wissenschaftliche Haltung von Heeresameisen (Eciton burchelli) und andere Ameisenarten entnehme ich den Link zu einer mir bisher unbekannten, aber für die Haltung von Camponotus-Arten sicher informativen Veröffentlichung:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3905736/
Yongliang Fan and Jennifer J. Wernegreen (2013): Can’t Take the Heat: High Temperature Depletes Bacterial Endosymbionts of Ants.
(„Sie vertragen keine Hitze: Hohe Temperatur beeinträchtigt bakterielle Endosymbionten von Ameisen“)

Die Autoren konnten zeigen, dass Symbionten der Gattung Blochmannia im Darmtrakt von Camponotus-Arten bei zu hoher Temperatur über längere Zeit Schaden nehmen, um mehr als 99 % reduziert werden. Das entspricht ähnlichen Befunden bei anderen Insekten.

Was man als Halter daraus lernen kann: Wir wissen sehr wenig über die Bedeutung von Endosymbionten für Ameisen, wo es welche gibt, wie wichtig sie für das Überleben bzw. die normale Entwicklung der Ameisen sind, und welche Einflüsse in der Haltung die Symbiose stören können.

Übertragen z. B. auf die Ernährung von Ameisen sollte das heißen, dass man besser vermeidet, künstliche Medien zu verfüttern, die zur Konservierung irgendwelche Bakterien und Pilze hemmenden Chemikalien enthalten. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, für die es nicht notwendig (und bei der Vielzahl gehaltener Arten auch unmöglich) ist, in jedem Einzelfall Evidenzen zu erbringen über die tatsächliche Schädlichkeit der Konservierungsmittel.

Es ist ein ähnliches Problem wie mit der Frage, ob man Ameisen in abgedunkelten Nestern oder im vollen Licht halten soll: Es braucht nicht unbedingt für jede Art den experimentellen Beweis, dass dunkle Nester (über-)lebensnotwendig sind. Dass Ameisen in der Natur generell dunkle Nester bewohnen, reicht (mir) als Begründung dafür, dass man ihnen auch in der Haltung ein abgedunkeltes Nest gönnen sollte. – Aber ich will hier nicht die uferlosen Diskussionen um „Rote Folien“ und die spektrale Empfindlichkeit von Ameisen erneut aufgreifen. :roll:

Noch eine Randbemerkung: Es ist manchmal lohnend, in den verschiedenen Ameisenforen zu stöbern! Und nicht selten auch amüsant. :D

MfG,
Merkur
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Steffen Kraus » Donnerstag 25. Mai 2017, 16:23

Hallo Merkur,
toller Bericht und danke für den Link! Ich habe mir diesen Bericht durchgelesen und konnte leider nichts über die Heizmethoden bei dem Experiment finden.
Vieleicht habe ich es auch übersehen, aber es würde mich interessieren, um in der Zukunft die Ameisenhaltung zu erleichtern, ob die Formicarien direkt beheizt wurden oder alles nur über die Raumtemperatur geregelt wurde?
Den wichtig ist ja, unabhängig das es schädlich für den wichtigen Symbionten ist, ob die hohe Raumtemperatur sich ausgewirkt hat oder sich die Ameisenkörper durch eine künstliche, am Becken direkte Heizquelle Strahlungswärme aufgenommen haben.
Das Ergebnis ist das selbige klar, Temp. zu hoch, Symbiont dahin, aber,
dies würde teilweise den Mißerfolg in der Haltung erklären. Denn in der Haltung, wird selten die Temperatur bei der Königin direkt im Nest gemessen!
Gruß und eine schöne Zeit,
Steffen
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,,es ist nicht wichtig, was andere denken wenn man kommt, es ist wichtig was sie denken, wenn man geht!
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Merkur » Freitag 26. Mai 2017, 08:52

Steffen Kraus hat geschrieben:Hallo Merkur,
toller Bericht und danke für den Link! Ich habe mir diesen Bericht durchgelesen und konnte leider nichts über die Heizmethoden bei dem Experiment finden.
Vieleicht habe ich es auch übersehen, aber es würde mich interessieren, um in der Zukunft die Ameisenhaltung zu erleichtern, ob die Formicarien direkt beheizt wurden oder alles nur über die Raumtemperatur geregelt wurde?
Den wichtig ist ja, unabhängig das es schädlich für den wichtigen Symbionten ist, ob die hohe Raumtemperatur sich ausgewirkt hat oder sich die Ameisenkörper durch eine künstliche, am Becken direkte Heizquelle Strahlungswärme aufgenommen haben.
Das Ergebnis ist das selbige klar, Temp. zu hoch, Symbiont dahin, aber,
dies würde teilweise den Mißerfolg in der Haltung erklären. Denn in der Haltung, wird selten die Temperatur bei der Königin direkt im Nest gemessen!
Gruß und eine schöne Zeit,
Steffen


Hallo Steffen,

Die Ameisen wurden zunächst bei Raumtemperatur (tags 24-25°C, nachts 21-22°C) gehalten.
Im Versuch wurden Kontrollgruppen im 14/10-Stunden Tag-Nacht-Rhythmus im Brutschrank gehalten, in jeweils kleinen Behältern, so dass alle Versuchstiere exakt den gewünschten Temperaturen ausgesetzt waren. Da sind Konvektions- und Strahlungswärme wohl nicht zu unterscheiden.
Die Kontrollgruppen wurden bei 25/14°C gehalten (> keine Schädigung der Symbionten), die Versuchsgruppen bei 37,7/25°C (> Schädigung der Symbionten).
In der Hobby-Haltung werden ja selten präzise Temperaturangaben gemacht. Riskant erscheint mir vor allem, dass manche Halter im Sommer von sehr hohen Raumtemperaturen (z. B. in Dachzimmern) berichten.

(Ein kleiner Schönheitsfehler: Ernährung mit Bhatkar-diet plus Insekten-Zufütterung. Meine Kritik an der Bhatkar-diet habe ich wiederholt zum Ausdruck gebracht. Da aber alle Gruppen gleich gefüttert wurden, dürfte das keinen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben).

MfG,
Merkur
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Trailandstreet » Freitag 26. Mai 2017, 21:31

Ich halte zwar keine Camponotus, halte aber meine einheimischen Arten alle ohne zusätzliche Heizung.
Schwierig wird es wohl vor allem in der Haltung, wenn man noch ein kleines Volk oder gar nur eine Gyne hat und dieser etwas "gutes" tun möchte und ihr eine Heizmatte unters RG legt.
Auf so einem kleinen Bereich lässt sich die Temperatur wohl kaum exakt steuern.
Abgesehen davon haben die es dort auch gar nicht so warm, wie man immer annimmt. Wer das nicht glaubt, kann ja jetzt mal im Wald übernachten und selbst einschätzen, wie wohlig warm es jetzt dort ist. Sie schwärmen ja bereits, also ist das auch die Zeit für die Gründung.
Sicher lagern die auch Brut, besonders Puppen auch relativ warm, wenn möglich, aber wie lange halten sich die einzelnen Individuen in den wärmsten Bereichen auf? Das hat noch keiner beobachtet.


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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Xeras » Montag 5. Juni 2017, 09:58

Ja...das ist für mich (obwohl ich den Bericht in englisch mal wieder nicht lesen konnte :(.Auch die Seitenübersetzung ergab wenig Sinn für mich). eine sehr wichtige Info da ich im Garten die Ameisen seit April in der Sonne stehen lassen habe.
Nun ist es aber recht heiß geworden und aufgrund dieser Meldung hier habe ich sofort ein überwiegend schattigen Platz für die Ameisen eingerichtet. Hoffentlich war es nicht zu spät...
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Merkur » Montag 5. Juni 2017, 10:58

Hallo Xeras,

Es kommt sicher sehr auf die Konstruktion von Formikar und Arena an: Wenn die gesamte Anlage oben offen ist (großer Teil der Abdeckung nur mit Drahtgaze verschlossen), kann Warmluft aufsteigen und aus der Anlage entweichen. Anders ist es bei einer weitgehend geschlossenen Anlage. Da kann ein Hitzestau eintreten (Treibhauseffekt), der bei direkter Sonneneinstrahlung die Ameisen sogar innerhalb weniger Minuten direkt abtötet.
Falls das Ganze in der Sonne stehen soll, muss das Nest selbst im Schatten liegen, so dass sich die Ameisen aus der evtl. besonnten und überhitzten Arena in das kühlere Nest zurückziehen können.
Vielleicht kannst Du mal ein Bild von der Anlage posten?

MfG,
Merkur
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Reber » Montag 5. Juni 2017, 11:17

Ich denke auch, dass das Beheizen bei vielen Arten in der Haltung unnötig, ggf. sogar kontraproduktiv ist - es hilft allerdings nur, es ausprobieren!
Ameisen in Formicarien (aus denen sie nicht weg können) an die Sonne zu stellen ist immer gefährlich!

Einige Beispiele aus meiner Haltung bei einer Zimmertemperatur von 23 - 26 °C / Heizmatte mind. 30 °C:
- Ectomomyrmex astutus: ziehen aus ihrem Nest aus, wenn ich es teilweise direkt an der Scheibe beheize. Den Heizstrahler im Terrarium mögen sie allerdings (läuft im Herbst bis im Frühjahr, bei tieferer Zimmertemperatur stundenweise).

- Messor barbarus: ziehen bei mir in den unbeheitzten Nestteil, auch wenn die Heitzmatte nur kurz läuft und direkt an der Scheibe aufgelegt wird (hingegen ziehen sie ein von unten beheiztes Nest bei ca. 28 °C, dem unbeheizten vor!)

- Manica rubida: mögen die Heizung im Nest nur kurzweilig, sonnen sich auch in der Arena unter dem Heizstrahler.

- Camponotus ligniperdus, C. lateralis und C. truncatus halte ich gänzlich ohne Heizung und kann keine Nachteile beobachten. Die Völker wachsen stetig und betreiben ihr Brutgeschäft bis in den August hinein, die Südländer von C. lateralis sind in den letzten 2 Jahren regelrecht explodiert, für nächstes Jahr sind Geschlechtstiere zu erwarten...
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Zuletzt geändert von Reber am Montag 12. Juni 2017, 12:10, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Präzisierung Angaben Messor
„Doch vor allen Dingen:
Das worum du dich bemühst,
möge dir gelingen.“
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Re: Hohe Temperatur schädigt Endosymbionten bei Camponotus.

Beitragvon Trailandstreet » Montag 5. Juni 2017, 20:49

Vor einiger Zeit hab ich mal im Sommer einen Klecks Honig auf die Terrasse gemcht, wärend nachmittags, als die Sonneneinstrahlung noch recht stark war, schließlich war Sommer und obendrein ein sonniger Tag, waren nur wenige Ameisen am furagieren. Sobald es dann aber kühler wurde und die Sonne bereits am untergehen war, kamen die anderen dann zu hauf und machten sich über diesen Leckerbissen her.
Es ist mit aber eigentlich schon lange aufgefallen, dass man wöhrend der Mittagshitze nur vereinzelt Ameisen beobachten kann, zumindest an besonders sonnenexponierten Stellen.
Dabei waren hier Lasius und keine Camponotus am Werk.
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