Nestbefeuchtung bei Pachycondyla villosa (Mittel-und Südamerika)In der Tat schreiben Hölldobler & Wilson (1990) in „The Ants“ ein paar Sätze über aktive Nestbefeuchtung bei Ameisen! S. 374 unter „Humidity regulation“ wird für
Pachycondyla villosa (heute:
Neoponera villosa (Fabricius, 1804) berichtet, dass viele Arbeiterinnen dieser Art immer wieder zu Tautropfen laufen, oder zu irgendwelchen anderen Stellen mit stehendem Wasser. Sie nehmen Tropfen zwischen die weit geöffneten Mandibeln, lassen auf dem Rückweg andere Arbeiterinnen daran trinken, füttern im Nest die Larven damit, befeuchten Puppenkokons, oder deponieren das Wasser direkt auf dem Boden. Auf diese Weise wird das Nest viel feuchter gehalten als der umgebende Boden.
Für
Diacamma rugosum aus Südindien wird berichtet, dass sie laut Moffett (1985) die Nesteingänge mit „relativ hygroskopischen“ Materialien wie toten Ameisen oder Vogelfedern dekorieren, an denen sich in der Morgenkühle ebenfalls Tautropfen niederschlagen. („Hygroskopisch“ ist dabei wohl nicht der richtige Begriff. Das wären Substanzen wie Zucker oder Salz, die aus feuchter Atmosphäre Wasser aufnehmen. Gemeint sind Objekte mit großer Oberfläche, an denen sich leicht feinste Tautropfen niederschlagen. Ein Prinzip, das sich z. B. auch Flechten an trockenen Standorten zunutze machen.)
Taufeuchte bzw. Taunässe hatte ich ja bereits erwähnt. Ansonsten dürften es Ameisen trockener Gebiete wirklich schwer haben, Wasserquellen in Nestnähe zu finden, von denen sie Wasser zur Nestbefeuchtung gewinnen könnten.
Was diese Diskussion wieder einmal lehrt: Verallgemeinerungen sind riskant! – Da haben ein paar Leute in den Büchern von Hölldobler & Wilson gelesen, dass „Ameisen“ Wasser zur Nestbefeuchtung eintragen können. Die Basis ist die Beobachtung an einer einzigen Art. Über mehrfache Weitergabe ohne Berücksichtigung der – hier sehr kleinen - wiss. Grundlage wird daraus geschlossen, dass Ameisen generell, oder wenigstens häufig, ihre Nester auf solche Weise befeuchten können.
Es ist wie mit vielen solchen "allgemein bekannten", aber doch nur eingeschränkt gültigen Meinungen: „
Ameisen haben Ameisensäure“: Ja, aber nur die eine Unterfamilie Formicinae. „
Ameisen beißen“: Ja, aber die meisten können zusätzlich stechen (Ponerinae, Myrmicinae, so weit sie den Stachel nicht reduziert haben, ...). „
Ameisen haben Soldaten“: Ja, aber es sind nur bestimmte Gattungen (Pheidole, einige Camponotus,…).
Es ist übrigens anzunehmen, dass außer
Neoponera villosa auch andere Ponerinen, oder Angehörige anderer Unterfamilien, Wasser zur Nestbefeuchtung eintragen können. Vielleicht wurden in den 27 Jahren seit Hölldobler & Wilson (1990) doch irgendwo entsprechende Untersuchungen publiziert. - Mir ist allerdings nichts dergleichen bekannt, aber bei der rasant wachsenden Ameisenliteratur kann auch ich längst nicht mehr alles lesen!
MfG,
Merkur