Hallo Herr Buschinger,
Zu Ihrer Beschreibung der Anoplolepis gracilipes und deren Haltung bzw möglichen Gefahren der Haltung würde ich mich auch gerne äußern.
Zur Kurzfassung, ja die A. gracilipes sind in der Tat eine hochinvasive, besonders auf den Osterinseln sowie in anderen tropischen Regionen eine äußerst destruktive Art, jedoch habe ich bisher noch von keinen wirtschaftlichen Folgen außerhalb der oben genannten Lokalitäten gehört, besonders durch ihre relativ fragile Physiologie bzw der Tatsache, dass diese Art kaum gepanzert ist (was ihnen diese Agilität bietet) und auch sehr anfällig für Milben ist impliziert doch stark den Eindruck, dass sie in allen anderen Ländern nicht so stark, wenn überhaupt überlebensfähig sind, da wohl irgendein biotischer oder abiotischer Faktor für ihr Überleben nicht passt, im direkten Vergleich zu Arten wie Pheidole megacephala, Monomorium pharaonis, Tapinoma melanocephalum, Tetramorium bicarinatum und weiteren sind die A. gracilipes für den Menschen direkt, besonders in unseren Breiten wohl nicht wirklich gefährlich. Selbst bei den oben genannten Arten würde ich sagen, dass eine Haltung in Ordnung ist, denn da sie in der Natur ohnehin nicht überleben können und sich im Falle eines Ausbruchs „höchstens“ im eigenen Haus oder im allerschlimmsten und absolut unwahrscheinlichen Fall in den Nachbarshäusern ansiedeln würden, das ist dann aber wohl ausschließlich ein Problem für den Halter, weniger für die Natur. Könnten die Arten in Deutschland überleben dann sind wohl die Paar Ameisenhalter das geringste Problem, durch den Import von Exportgüter dürfte die Zahl an invasiven „blinden Passagieren“ um einige Faktoren höher sein.
Zur Vermehrung/Fortpflanzung dieser Art:
Wie man aus einigen bereits bestehenden Forschungen auslesen kann dürfte es sich hier nur in sehr seltenen Fällen um Inzucht handeln, denn wenn auch bei der Art wohl ausschließlich (so scheint es, siehe Quellen) intranidale Begattung stattfindet ist dennoch eine sehr hohe Heterozygotie gegeben, da zudem wohl noch nie Männchen zumindest außerhalb des Nestes beobachtet wurden, würde ich annehmen, dass es sich um eine Art thelytoke Parthenogenesis ähnlich bei Paratrechina handeln muss, denn andernfalls wäre keine so hohe Heterozygotie gegeben, das mit der Parthenogenese ist nur eine Vermutung meinerseits aber andere Erklärungsansätze würden hier wohl scheitern weshalb mir das ziemlich naheliegend erscheint, aber ich kann mit Gewissheit sagen, dass ein außergewöhnlicher Reproduktionsmechanismus vorliegt.
Bei der Art ist aber die „Nachzucht“ noch nie gelungen, zumindest geht das aus keinem Haltungsbericht hervor, noch nicht einmal bei antscanada mit seiner 10k+ Kolonie hat es geklappt, deshalb nehme ich an, dass Geschlechtstiere entweder erst bei unglaublich großen Kolonien oder bei gewissen biotischen Faktoren (zB nach starken Schwankungen in der Lf oder nach einem starken Regen) gebildet werden.
Ich will damit nur sagen, dass die Haltung dieser Art wohl sogar noch weniger problematisch ist als bei anderen invasiven Arten, besonders im Süden Europas sollte das nicht einmal ein Problem darstellen und bei einem „guten“ und verantwortungsvollen Halter sollte ein Ausbruch quasi ohnehin unmöglich sein.
Ich kann Ihre generelle Abneigung gegen die Ameisen-, besonders Exotenhaltung hier absolut nicht nachvollziehen. Es gibt hier in unseren Breiten und bei dieser geringen Zahl an Haltern keinen logischen Grund dazu, außer natürlich bei in den Herkunftsländern gefährdeten Arten.
Lg greenCaulerpa
Quellen:
https://www.researchgate.net/publicatio ... erminationhttps://link.springer.com/article/10.10 ... 009-9473-9https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs ... 07.03260.xhttps://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5422973/