Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Hier können Fragen rund um das Thema Ameisenhaltung gestellt werden.

Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Rolf49 » Sonntag 9. Februar 2020, 11:00

Guten Tag, mein Name ist Rolf und ich bin neu hier im Forum. Ich habe sehr schwere Gicht und suche nach endlosem "Pillenschmeißen" eine natürliche Behandlungs-Alternative, das Ameisengift soll helfen.

Dieses gibt es zwar synthetisch als Ameisensäure, aber ich bezweifle dass es dem natürlichen gleichkommt.

Daher möchte ich nun beginnen Ameisen zu züchten, um mir selbst das Gift der Ameise als Rheuma-Therapie zu beschaffen.

Zudem finde ich die soziale Intelligenz und die "Infrastruktur" die die Ameisen aufbauen beeindruckend, selbiges bewundere ich an Bienen.

Gibt es Möglichkeiten, das Gift der Ameise aufzufangen? Ich hoffe die Giftabsonderung tötet die kleinen Racker nicht.

Über Hilfe würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße,
Rolf
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Rolf49
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Merkur » Sonntag 9. Februar 2020, 12:08

Hallo Rolf49,

Ich fürchte, dass wir bzw. die Ameisen Ihnen dabei nicht helfen können.

Die technisch hergestellte Ameisensäure ist chemisch identisch mit der von einigen Ameisenarten produzierten Säure. Man hat weitere, in geringsten Mengen in dem von Ameisen versprühten Gift enthaltene Verbindungen analysiert, doch ist darunter nichts, was irgendwelche Einflüsse auf Rheuma bzw. Gicht haben könnte.

Die einzigen Ameisenarten, die nennenswerte Mengen an Ameisensäure abgeben, sind die Waldameisen (Formica-Arten). Das sind die Arten, die große Hügelnester aus pflanzlichen Resten (Fichten- und Kiefernnadeln usw.) auftürmen. Die in den Giftblasen der einzelnen Ameise enthaltenen Mengen sind winzig. Beim Abspritzen verdunstet die Ameisensäure sehr rasch.

FpolaufBankASA2-04kl.jpg
Beispiel eines Nestes einer der Waldameisenarten. Aus der Zeitschrift "Ameisenschutz aktuell" der Dt. Ameisenschutzwarte.

Doch gerade diese Arten sind einerseits sehr nützliche Helfer im Wald (als Schädlingsvertilger), andererseits aber sehr im Rückgang begriffen. Deshalb sind sie gesetzlich geschützt; ihre Nester darf man nicht stören und keine Tiere entnehmen.
Auch zu Hause halten darf man sie deshalb nicht, und das gelingt auch nicht, eben wegen der notwendigen Größe der Völker und Nester.

Man hat in früheren Zeiten geglaubt, dass sog. „Ameisenspiritus“ hilfreich wäre. Dazu wurden die Ameisen in hochprozentigem Alkohol ertränkt. Ameisensäure (und gewiss auch der Alkohol) wirken auf die Haut als Reizmittel, fördern die Durchblutung. Aber das tut techn. Ameisensäure ebenso, wo nicht besser.

Heute weiß man, dass das alles nur eine Symptombekämpfung ist, und dass man die Ursachen bekämpfen muss. Das sind Stoffwechselstörungen, gegen die es zahlreiche Medikamente gibt. Da sollte man sich besser auf die ärztliche Kunst verlassen!
Präparate mit Ameisensäure sind auch in Apotheken erhältlich. Doch sollten Sie in jedem Fall Ihren Arzt zu Rate ziehen, ob und wie eines der Mittel Ihnen helfen könnte.

Ich wünsche Ihnen alles Gute, v. a. Linderung Ihrer Beschwerden. Leider geht das nicht mit Ameisen, sonst wäre die Medizin auch längst darauf gekommen!
MfG,
Merkur
(Prof. Dr. A. Buschinger)
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Rolf49 » Sonntag 9. Februar 2020, 14:16

Danke Professor Buschinger, ihr fachliches Wissen ist enorm. Das die synthetische Ameisensäure nahezu alle Bestandteile der natürlichen hat, hätt ich nicht gedacht.

Führt der Hautkontakt der synthetischen Ameisensäure denn auch zu diesen Quaddeln und dem Juckreiz?

Ich rede natürlich von einer stark verdünnten Lösung. In Reinform käme es ja nicht nur zu Juckreiz sondern gar zu evtl. schweren Verätzungen.

Nochmals Danke Herr Professor Buschinger.
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Rolf49
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Merkur » Sonntag 9. Februar 2020, 21:00

Hallo Rolf49,

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ich bin Prof. für Zoologie (i. R.) und habe den Dr. der Naturwissenschaften, bin also Biologe, kein Arzt oder Mediziner.

Sie schreiben: "Das die synthetische Ameisensäure nahezu alle Bestandteile der natürlichen hat, hätt ich nicht gedacht." - Es ist eher anders herum: Ameisensäure ist eine sehr einfache chemische Verbindung. Synthetische Ameisensäure enthält nichts als diese Verbindung. Bei den Ameisen, die diese Säure produzieren und abgeben, sind in Spuren ein paar weitere Verbindungen drin, die aber keinerlei medizinische Bedeutung haben können.

"Führt der Hautkontakt der synthetischen Ameisensäure denn auch zu diesen Quaddeln und dem Juckreiz?" - Da dürfte eine (verbreitete) Verwechslung vorliegen: Viele Ameisenarten haben überhaupt keine Ameisensäure in ihrem Gift. Das sind die Ameisen, die ihr Gift nicht versprühen, sondern mit einem Stachel in die Haut bringen, ganz so wie Bienen und Wespen. Die Gifte solcher Ameisen sind dem Wespengift ähnlich, deshalb entstehen Quaddeln und Juckreiz. Einheimische Ameisen, mit denen man diese Erfahrung machen kann, sind z. B. die häufige "Rote Knotenameise", die in vielen Gärten lebt. Auch eine sehr kleine, schwarze Art, „Rasenameisen“, ruft Quaddeln etc. hervor.
In Wikipedia gibt es ein Bild dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Ameisen#B ... n_Menschen

Ameisenstiche.jpg
Quaddeln in meiner Armbeuge.
Ameisenstiche.jpg (20.64 KiB) 32917-mal betrachtet
Es ist meine Armbeuge, in der sich nach den Stichen einiger solcher Ameisen ein paar juckende Quaddeln gebildet hatten. Harmlos; ich hatte in deren Nest herumgeforscht. ;)

MfG,
Merkur
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Zuletzt geändert von Merkur am Montag 10. Februar 2020, 10:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Rolf49 » Sonntag 9. Februar 2020, 21:16

Lieber Merkur,

man merkt natürlich, dass Sie Professor sind. Ich lerne hier ja mehr von Ihnen und effizienter als aus Fachbüchern. Wieder Danke für die vielen Infos.

Also würde ja weder das synthetische noch das natürliche Ameisengift der meisten Arten für meine Anwendung sinnvoll sein.

Die Gifte der von Ihnen genannten Ameisenarten die dem der Wespe ähneln, erhält man dann sicher nur, wenn besagte Ameisenart in Eigenregie gezüchtet wird, nicht wahr?

Die Frage ist dann wie ich die Tierchen dazu bringen könnte ihr wespenähnliches Gift abzugeben und aufzufangen, ohne dass ich dafür die Ameisen maltretieren muss? Dies wäre mir nicht so recht, eines der Tierchen zu töten.
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Reber » Montag 10. Februar 2020, 08:37

Hallo Rolf49, zur medizinischen (Nicht-)Wirksamkeit hat Merkur ja bereits das nötige gesagt.

Die Gifte der von Ihnen genannten Ameisenarten die dem der Wespe ähneln, erhält man dann sicher nur, wenn besagte Ameisenart in Eigenregie gezüchtet wird, nicht wahr?


Die Zucht der entsprechenden Knoten-Ameisen dürfte für einen Laien nicht zu bewerkstelligen sein. Die Haltung von Kolonien von Manica, Myrmica spp., und Tetramorium spp. ist allerdings über Jahre hinweg gut zu meistern.

Die Frage ist dann wie ich die Tierchen dazu bringen könnte ihr wespenähnliches Gift abzugeben und aufzufangen, ohne dass ich dafür die Ameisen maltretieren muss? Dies wäre mir nicht so recht, eines der Tierchen zu töten.


Das wäre bei mittelgrossen bis grossen Kolonien kein Problem, da reicht es, die Hand ins Becken zu halten. Die Ameisen werden zustechen. Den Tieren tut das - abgesehen von der Aufregung - nichts, sie können ihren Stachel (anders als etwa die Honigbienen) problemlos aus menschlicher Haut herausziehen und weiterleben. Ein grösseres Problem dürfte bei der Methode allerdings die Dosierung der "Medizin" darstellen, die so kaum kontrollierbar wäre.

Wünsche gute Besserung!

Edit: Melittin, ein Wirkstoff im Gift der Honigbiene soll rheumatische Arthritis lindern: https://www.focus.de/gesundheit/ratgebe ... 89306.html
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon Merkur » Montag 10. Februar 2020, 15:48

Das Folgende betrifft nicht nur diesen Thread von Rolf49. Ähnliche Fragen tauchen hin und wieder auf, und so möchte ich für Leser, die zufällig, etwa über eine Suchmaschine, hierher gelangen, noch ergänzen: Es gibt eine Reihe von Medikamenten (v.a. Salben),die Bienengift enthalten (s. Wikipedia). Doch gilt in jedem Fall: Arzt befragen, ob das eine oder andere Mittel im konkreten Fall helfen könnte und auch vertragen wird!

Ein Präparat, mit dem ich persönlich Erfahrung habe, ist seit ca. 1990 nicht mehr auf dem Markt. Es hieß „Forapin“ und enthielt geringe Mengen von dem Gift, das von lebender Honigbienen gewonnen wurde.
Es war 1976 oder 1977, als ich einen Bandscheibenschaden hatte (ob es ein echter Vorfall war, wurde nicht untersucht), sehr schmerzhaft. Doch ich hatte Lehrverpflichtungen, u. a. eine Anfängerexkursion zu leiten. Keine Möglichkeit, sie zu verschieben oder eine Vertretung zu organisieren.
So ließ ich mir die Stelle am Rücken mit jener Salbe einreiben. Stark brennend wie ein Wespenstich, aber es half so weit, dass ich zum Treffpunkt fahren und die drei Stunden im Gelände durchstehen konnte. Ein paar weitere Einreibungen, und innerhalb einiger Tage ging der Schmerz allmählich zurück, zum Glück auf Dauer! (S. a. Edit im voranstehenden Beitrag zu "Melittin"!)

Medikamente aus Giften weiterer Insekten, Wespen oder gar Ameisen, scheint es nicht zu geben.
Da diese Stachelgifte der verschiedenen Arten auch alle unterschiedlich zusammengesetzt sind, würde ich keinesfalls irgendwie herum experimentieren und mich von solchen Tierchen freiwillig stechen lassen! - Die zufälligen und ungewollten Erfahrungen während meiner Forschungen an Ameisen reichen mir vollauf. :roll:

MfG,
Merkur
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Re: Ameisengift auffangen für Rheuma-Behandlung

Beitragvon NIPIAN » Montag 10. Februar 2020, 20:50

Hoi,

Gicht, auf schlau auch Urikopathie, entsteht auf Basis eines Problems mit dem Purinstoffwechsel (praktisch immer genetisch der Niere geschuldet) und wird maßgeblich durch die Ernährung befeuert. Die Langzeitfolgen einer schlecht therapierten Gicht betreffen Knochen, Gelenke und vor allem die Nieren. Bei schwerer Gicht von den schulmedizinischen Therapien weg hin zu "natürlichen Behandlungsalternativen" zu schwenken kommt einem glatten Selbstmord der Nieren und deren übrigen Funktionen gleich. Von den Bewegungseinschränkungen durch fortschreitende Destruktion der Gelenke einmal abgesehen.

So sehr die Schulmedizin in bestimmten Kreisen verhasst sein mag: "Pillenschmeißen" sollte, wenn man es schon macht, auch einen Wirkstoff liefern. Einem alleinigen Placeboeffekt bei somatischen Störungen zu vertrauen, so wie es die Homöopathie und die dunkle Seite der Naturheilkundler tun, kommt - ich habe es bereits geschrieben - einem glatten Selbstmord der Organe gleich, die man mittels schulmedizinischer Therapie länger funktionsfähig halten will.

Ergo: Finger weg von Pseudoheilern und Problem der Gicht angehen - was im Übrigen eine lebenslange und damit unausweichliche Aufgabe ist.
1. Ernährung konsequent angepasst lassen
2. Die Bildung von Harnsäure zusätzlich (!) medikamentös niedrig halten. Das sind Urikostatika und Urikosurika. Bei einer schweren Gicht fällt Letzteres mit ner gewissen Wahrscheinlichkeit aufgrund einer fortgeschrittenen Nierenfunktionsstörung heraus.

Wenn Du mit deiner Gesundheit experimentieren willst, ist das hoffentlich einzig und alleine auf deinem eigenen Mist gewachsen und Du hast dich ausdrücklich nicht von irgendwelchen Semiprofis aus dem Internet beeinflussen lassen.

Fun fact am Rande: Ameisensäure, der wesentliche Bestandteil von "Ameisengift", trägt neben Formaldehyd wesentlich zum Kater nach ner durchzechten Nacht mit geringmethanolhaltigen Fuselgetränken bei. Wer hat dir eigentlich den Bären mit diesem Schrott aufgebunden?
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Wissen ist Macht und Macht ist Kraft und Kraft ist Energie und Energie ist Materie und Materie ist Masse und deshalb krümmen große Ansammlungen von Wissen Raum und Zeit (Die Gelehrten der Scheibenwelt - Pratchett/Stewart/Cohen)
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