Wie hält sich Koloniengeruch in Winterruhe im Zweignest?

Hier können allgemeine Fragen zum Thema Ameisen, sowie zu europäischen Ameisenarten gestellt werden.

Wie hält sich Koloniengeruch in Winterruhe im Zweignest?

Beitragvon Reber » Montag 27. Oktober 2014, 11:44

Nur mal aus Interesse: Weiss jemand, wie lange es dauert bis Kolonien in Zweignestern, die voneinander getrennt werden, ihren Kolonienduft verändern, bzw. einen eigenen annehmen?
Warum wissen z.B. Temnothorax-Arbeiterinnen, die in getrennten Nestern überwintern im Frühjahr noch, zu welcher Kolonie sie gehören? Behalten sie ihren Duft, weil kein Nahrungsaustausch mehr stattfindet?

(Habe das Thema mal aus dem KFKA herausgelöst, da es doch längere Antworten geworden sind und da hierzu künftig noch Erkenntnisse folgen könnten. Reber)
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Trailandstreet » Montag 27. Oktober 2014, 13:02

Ich glaub, dass sie beim Auftauen sowieso recht flexibel sind, was den Anschluss an eine mögliche Kolonie angeht. Immerhin funktionieren da ja auch Eindringversuche parasitärer Gynen recht gut, bzw auch Adoptionen, wenn man es künstlich herbeiführt.
Wenn sie in der Natur nicht weit auseinander liegen und praktisch identische Bedingungen geschaffen sind, sollten sie sich im Frühjahr schon wiedererkennen. Wäre ja auch nicht von Vorteil.
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Reber » Montag 27. Oktober 2014, 13:11

Dass sie sich wiedererkennen ist klar, da es nach dem Frühlingserwachen nicht eine Temnothorax-Superkolonie gibt, sondern viele kleine mit und ohne Zweignester. Meine Frage zielt aber darauf ab, dass ja in der einen Nuss z.B. die Königin ihren Duft verströmt, während das in der "Zweigstelle" nicht der Fall ist und die Tiere trotztem wissen, wo sie hin gehören... Irgendwie müssen sie also einen identischen Geruch behalten. Nur wie geht das und wie lange?
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Boro » Montag 27. Oktober 2014, 14:17

Ich weiß nicht ob ich die Frage richtig verstanden habe, aber bei polydomen Nestanlagen (bestes Beispiel Dolichoderus quadripunctatus) erfolgt während der "Saison" ein ständiger Austausch bzw. ein Kontakt der Arbeiterinnen der verschiedenen Standorte; dabei wird der nesteigene Duft durch taktile Kontakte stets vereinheitlicht bzw. "aufgefrischt". Während der Winterruhe, also bei fehlendem Kontakt der Arbeiterinnen an verschiedenen Neststandorten, sollte der Nestduft bestehen bleiben. Das erkennt man daran, dass die Individuen im Frühjahr wieder Kontakt aufnehmen und zwar ohne Anzeichen einer "Fremderkennung". Ob das auch für andere Arten gilt, kann ich jetzt nicht sagen.
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Reber » Montag 27. Oktober 2014, 23:44

Soweit herrscht Einigkeit. Ich versuche die Frage noch mal genauer zu formulieren: Mir ist unklar, wie sich der einheitliche Koloniengeruch bei Ameisen über den Winter halten kann, wenn diese doch räumlich lange Zeit getrennt sind und bei monogynen Arten die Königin nur in einem Nest überwintern kann, während das Zweignest ohne sie auskommen muss.

Dass die blosse Anwesenheit von Königinnen einen ereblichen Beitrag zum Nestgeruch leistet, habe ich aus Adoptionsversuchen abgeleitet, wo die Gyne in manchen Fällen akzeptiert wird, nachdem sie gemeinsam einige Zeit mit einem weisellosen Volk herunterkühlt wurde - ohne dass sich die Tiere gegenseitig füttern (berühren jedoch in der Regel schon).

Andererseits soll der Geruch zwischen den Arbeiterinnen mittels Trophallaxis und gegenseitigen Putzen übertragen werden. Man erkennt es daran, dass Arbeiterinnen, die man einige Wochen von anderen isoliert wurden, nicht mehr (sofort) als Nestgenossinnen angenommen werden.

Das alles findet aber nach mehreren Monaten Winterruhe nicht statt. Als würde der Nestgeruch "eingefroren". Nur, wie geht das?
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Trailandstreet » Dienstag 28. Oktober 2014, 00:40

Demnach müsste man sagen, dass die Bestandteile, die den Nestgeruch ausmachen, wohl bei höheren Temperaturen leichter flüchtig sind. Anders lässt es sich wohl nicht erklären.
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Boro » Dienstag 28. Oktober 2014, 14:23

Das klingt einleuchtend Trailandstreet, denn ansonsten ist ja bekannt, dass etwa Arbeiterinnen, die aus einem Nest - aus welchen Gründen immer - für 2 Wochen entnommen wurden, bei einer anschließenden Wiedereingliederung schon Probleme bekommen können.
Außerdem hocken die von der Königin extern lebenden Arbeiterinnen den ganzen Winter auf engem Raum nebeneinander, was der Erhaltung der Duftpartikel auf der Cuticula förderlich sein dürfte. Ich kann das wieder nur für Dolichoderus angeben.
L.G.
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Wie hält sich der Koloniengeruch während der Winterruhe?

Beitragvon Merkur » Dienstag 28. Oktober 2014, 15:23

Buchstäblich alle „flüchtigen“ Stoffe, also solche, die verdunsten, vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergehen können, sind bei höheren Temperaturen leichter flüchtig.
Jeder weiß, dass Wasser verdunstet, und dass das in der Wärme schneller geht als bei Null Grad. (Natürlich spielt dabei auch der Sättigungsgrad der Luft mit der betr. Verbindung eine Rolle. Boro hat Recht damit, dass im dicht gedrängten Knäuel der Ameisen im Winter weniger von den Duftstoffen abgegeben werden kann; das gilt ja auch für Wasser: In der Gruppe vertrocknen Ameisen nicht so rasch wie Einzeltiere. Das "Kuscheln" dient nicht als Kälteschutz,sondern als Schutz vor dem Vertrocknen).

Darüber hinaus können sogar „feste“ Stoffe direkt in Gasform übergehen. (Wasser-)Eis „sublimiert“ auch bei unter 0°C, wenngleich weit langsamer als Wasser über 0°C. Dasselbe gilt für die oft wachsartigen kutikularen Kohlenwasserstoffe, einschließlich der für den „Nestduft“ verantwortlichen Verbindungen, die eben nur langsam abdunsten, in jedem Fall aber verdunsten müssen, sonst könnten sie von den Geruchssensillen der Ameisen-Antennen nicht wahrgenommen werden.

Hinsichtlich der „Duftuniform“ der Ameisen-Arten bzw. -Kolonien ist bis heute nur für eine winzige Zahl von Arten einigermaßen geklärt, welche Anteile daran von der Königin stammen, welche von den Arbeiterinnen selbst abgesondert werden, und welche aus der Umwelt (einschließlich der Nahrung) kommen. Man findet dazu in der Literatur über Jahre laufende Debatten. Allgemeine Aussagen sind daher nicht möglich; widersprüchliche Beobachtungen bei verschiedenen Arten sind nicht überraschend. – Lasius fuliginosus soll im Frühjahr sogar die Straßen aus dem Vorjahr aufgrund der noch vorhandenen chem. Markierung wieder erkennen.

MfG,
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