Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Hier können allgemeine Fragen zum Thema Ameisen, sowie zu europäischen Ameisenarten gestellt werden.

Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon FooFighter » Sonntag 21. Juni 2015, 16:20

Hallo liebe Forenmitglieder,

dies ist mein erster Beitrag in diesem Forum, darum stelle ich mich mal kurz vor. Ich bin Student (Maschinenbauer), 22 Jahre alt und halte seit einem Jahr Formica sanguinea.

Vor kurzem war ich in einem mir sehr bekannten Waldgebiet unterwegs um zu erkunden welche Arten hier leben. Da ich mich über das letzte Jahr in Foren und im Ameisenwiki eingelesen habe traue ich mir zumindest eine grobe Bestimmung zu. Das genannte Gebiet liegt zwichen Saar und Mosel auf ca 200m über NN, hier war ich am Rande eines Steilhangs (Südlage) eines Bachtals unterwegs. Ein Abschnitt dieses Steilhangs ist komplett mit Schutt und Schotter aus einem alten Steinbruch bedeckt und völlig frei von Vegetation.

In diesem sehr steilen Hang habe ich ein Nest einer Formica-Art entdeckt. Da die Ameisen auf Bewegungen durch meine Hand anfingen ihren Hinterleib nach vorne zu strecken und mit Säure zu spritzen gehe ich von einer der oben genannten Arten aus. Allerdings fehlt der für die Art typische Hügel.Wie auf den Bildern zu sehen ist gibt es auch keinen Baumstumpf der als Basis dienen könnte.

Für den Sommer könnte der sonnenexponierte Steinhang von Vorteil sein, da die Steine sich sehr stark aufheizen, im Winter aber eher von Nachteil, da Gestein ja kaum isolierende Wirkung hat. Haben Formica rufa/polyctena separate Winterquartiere ? Wird die Hügelform der Sonneneinstrahlung angepasst ? Oder wird ein Hügel erst bei sehr starken Kolonien erbaut ?

Leider habe ich nur zwei schlechte Bilder meiner Handykamera für euch, die Bestimmung der Art wird damit wohl nicht möglich sein.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Reber » Sonntag 21. Juni 2015, 19:17

Hallo FooFighter,
herzlich willkomen im Ameisenportal und vielen Dank für deinen Beitrag!

Zuersteinmal: Es ist sehr schwierig die echten Waldameisen voneinander zu unterscheiden. Es gibt in Mitteleuropa meines Wissens mindestens 8 Arten. Bei einigen ist die sichere Bestimmung im Feld sogar für Experten kaum oder nicht möglich.

Neben den von dir erwähnten Formica polyctena und Formica rufa gibt es noch Formica lugubris, Formica paralugubris und Formica aquilonia, die sich alle sehr ähneln. Über den Art-Status der ebenfalls sehr ähnlichen "Formica helvetica" ist mir nichts näheres bekannt...

Etwas einfacher zu unterscheiden sind die "Strunkameise" Formica truncorum - Dank ihrem hohen Rotanteil am Kopf und Mesosoma - sowie die äusserst seltene Formica uralensis wegen dem ganz schwarzen Kopf. Die "Wiesenwaldameise" Formica pratensis ist an der ausgeprägten Schwarzfärbung auf Pro- und Mesonotum zu erkennen. Sie baut übrigens typischerweise Nester ohne Zentralen Strunk die meist relativ flach bleiben.

Die Untergattung der Kerbameisen (Coptoformica) baut auch oft solche eher flachen Nester. Die Ameisen sind aber auffällig kleiner als die echten Waldameisen und an der Kerbe im Hinterkopf gut zu unterscheiden.

Bei starker Besonnung können auch z.B. bei Formica poycenta - die die grössten Hügelnester in der Ameisenwelt bauen kann - nur "flache oder gar concav in den Boden eingetiefte" (Seifert S. 313) Nester entstehen. Anders als bei Formica (Raptiformica) sanguinea vollziehen Formica rufa und Formica polyctena keinen Saisonbedingten Nestwechsel. Aber bei ungünstigen Bedingungen kann es natürlich zu einem Nestumzug kommen. Ausserdem bilden grosse Kolonien gerne Zweignester.

Vielleicht gelingt es dir ja, einige gute Aufnahmen von den Arbeiterinnen zu machen. Aber auch damit ist es in der Regel äusserst schwierig die Art zu bestimmen.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Trailandstreet » Sonntag 21. Juni 2015, 20:48

Das ist ja bereits eine ziemlich vollständige Antwort von Reber.
Übrigens gibt es auch eine kleine Auflistung der bei uns vorkommenden Waldameisen auf der Seite der ameisenschutzwarte.de. Da kannst du dir schon mal einen überblick verschaffen: http://www.ameisenschutzwarte.de/bestimmung.php

Link gleich eingefügt, LG Reber
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Boro » Sonntag 21. Juni 2015, 21:00

Hallo FooFighter!
Die Nestanlage sieht für mich verdächtig nach jener v. Formica truncorum aus. Da würde auch das Habitat passen, die Art ist heliophil, kommt sowohl im Bergland auf Almen als auch in den Niederungen auf Heißländen vor. Sie ist an sich selten, ich weiß nicht, ob sie in deiner Gegend überhaupt vorkommt. Auch das etwas "schlampig" angehäufte Material (meist Föhrennadeln) würde stimmen. Manchmal trifft man verlassene Nester an, weil die Völker mehrmals im Jahr ihren Neststandort verändern oder wechselweise in polydomen Anlagen wohnen.
Wäre toll, wenn du ein paar gute Fotos der Tiere posten könntest.
Formica rufa und F. polyctena kann man in solchen Habitaten so gut wie ausschließen, auch F. pratensis benötigt als "Wiesenameise" eine entsprechende Umgebung mit etlichen Busch- od. Baumgruppen. In Frage käme u. U. noch F. sanguinea, die zumindest nach meinen langjährigen Beobachtungen aber die von dir genannte Abwehrhaltung nicht aufweist.
Zuletzt noch ein Link, der dir da weiterhelfen könnte: viewtopic.php?f=48&t=443
L.G.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Merkur » Montag 22. Juni 2015, 11:11

„Zwischen Saar und Mosel auf 200 m“ – da kann es keine der Gebirgswaldameisen sein, also nicht F. lugubris oder F. aquilonia.
Auf dem 2. Bild sind deutlich Kiefernnadeln zu sehen. Wenn die Tiere in der Lage sind, sie von einer Kiefer zu ihrem Nest zu transportieren, können sie die Bäume auch zur Suche nach Honigtau belaufen.
Formica truncorum käme in Frage, sie dürfte in der Gegend auch vorkommen, aber wie Boro schon richtig sagt: Ohne sehr gute Fotos der Ameisen geht nichts.

MfG,
Merkur
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon FooFighter » Montag 22. Juni 2015, 13:38

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Leider hatte ich keine Lupe dabei, ich kann allerdings sagen das ein schwarzer Fleck auf dem Thorax entweder nur sehr schwach oder gar nicht vorhanden war, was laut dem Link von Trailandstreet auf Formica truncorum passen würde. Wie Merkur schon richtig vermutet hat konnte ich eine dicht belaufene Straße vom Nest zu einer mittelgroßen Kiefer feststellen. Diese Kiefer war allerdings der einzige Baum der belaufen wurde.

Leider habe ich keine besonders gute Fotoausrüstung, ich habe unten mal zwei Bilder angehängt die zeigen was maximal machbar ist. Auf den Bildern ist Formica saguinea zu sehen. Die Bilder sollen nur verdeutlichen welche Bildqualität ich hinbekomme, die fotografierten Ameisen sind von mir gehaltenen und NICHT die beobachtete Art..

Wäre mit der Qualität der Bilder eine Bestimmung möglich ?
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Sanguinea.png
3. (Formica sanguinea)
sanguinea2.png
4. (Formica saguinea)
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Trailandstreet » Montag 22. Juni 2015, 14:17

Wenn ich mir das erste Bild so ansehe, würde ich F sanguinea eher ausschließen. Zum einen sind sie mir fast zu dunkel, zumindest am Kopf und zum anderen kann ich keine Einkerbung am Clypeus, wie er für Raptiformica typisch wäre erkennen. Vielleicht fällt ja den Exxperten noch was auf.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon FooFighter » Montag 22. Juni 2015, 14:41

Um Missverständnisse zu vermeiden habe ich die Bilder nummeriert. Bilder 3 und 4 sind nur Beispielbilder um die zu zeigen welche Bildqualität ich maximal hinbekomme. Die Art auf Bild Nr. 3 und 4 sollte stimmen da sie von einem gewerblichen Händler stammen.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Trailandstreet » Montag 22. Juni 2015, 14:45

Achso, dafür sind sie aber besch... belichtet und für eine Bestimmung nicht geeignet, da sie die wesentlichen Details gar nicht zeigen.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Merkur » Montag 22. Juni 2015, 15:06

Ich habe die Bilder 3 und 4 mal mit Photoshop „behandelt“ um zu zeigen, was in solchen Fotos noch drinsteckt.
Auch danach ist allerdings nicht zu erkennen, dass es sich um Formica sanguinea handelt, da der Clypeus-Vorderrand nicht (deutlich) zu erkennen ist.

Sanguinea-3-Ap.jpg
(F. sang. aus der Haltung)
sanguinea-4-Ap.jpg
(F. sang. aus der Haltung)

MfG,
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Reber » Montag 22. Juni 2015, 15:50

Nun, ich würde Raptiformica (bei den Bildern der gehaltenen Art) auf keinen Fall ausschliessen. Da gibt es regional grosse Unterschiede was die Färbung des Kopfschildes betrifft und insgesammt hat die Art auf dem Bild einen sehr hohen Rotanteil auf Pronotum und Mesonotum. Klarheit würde ein Bild mit geöffneten Mandibeln bringen, bei dem der untere Kopfschild zu sehen ist.

Solche Bilder würden im u.U. schon etwas beitragen, da z.B Formica truncorum die schwarze Färbung auf dem Kopf in der Regel gänzlich fehlt.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Boro » Montag 22. Juni 2015, 18:36

Ja, wenn die Bilder die Realität halbwegs gut widerspiegeln, schaut es nicht nach F. truncorum aus. Reber sagte es schon, die Köpfe sind zu dunkel. Jetzt wird`s erst richtig interessant: Welche Art baut solche "Nester" in eine Schutthalde (so sieht es für mich aus). Auch für Raptiformica scheinen die Köpfe zu dunkel. Wenn keine besseren Bilder (Makros!) gelingen, sollte man ein paar Tiere einfangen und zur Bestimmung weiterschicken. Merkur wäre dazu berufen, wenn er keine Zeit hat, kann ich es machen (oder Reber?)! Für mich wäre auch eine Landschaftsaufnahme der näheren Umgebung interessant! Der Fall interessiert mich, er sollte geklärt werden!!
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Reber » Montag 22. Juni 2015, 18:54

Hallo Boro,
beim Bestimmen lasse ich dir bzw. Merkur gerne den Vortritt, ich kann das nicht annähernd so gut!

Aufgepasst, wir haben jetzt hier im Thema mindestens zwei Arten. Einmal die mit dem Nest im Steinbruch (erster Beitrag) und einmal die mit den Beispielbildern von FooFighter von seinen Ameisen die er zu Hause hält ;)

Auf jeden Fall interessant ;)
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Boro » Montag 22. Juni 2015, 20:20

Aha, jetzt hab ich`s geschnallt: Bilder v. den Ameisen in der Schutthalde haben wir noch garnicht gesehen. Dann bleibt ja noch Hoffnung für F. truncorum......
Er hält Waldameisen zu Hause? Ich hoffe nur ganz vorübergehend!
L.G.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Trailandstreet » Montag 22. Juni 2015, 20:44

Hallo Boro, er hält offenfbar Raptiformica zu Hause und die beiden letzten Bilder sind anscheinend Beispielbilder des Shops. Ob die tatsächlich Raptiformica zeigen, ist allerdings fraglich. Manchmal kommen ja auch ähnliche Bilder zum Einsatz.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Reber » Montag 22. Juni 2015, 22:50

Ich hab mich jetzt noch etwas zum Thema Nesthügel der Waldameisen eingelesen. Karl Gösswald schreibt in seinem Standardwerk „die Waldameisen“ im Kapitel „Nestform der Formica-Arten“: „Der erfahrene Ameisenforscher erkennt oft bereits an der Nestform die Artzugehörigkeit. Die Kenntnis der Nestform kann also bei der Artbestimmung helfen, auch in Verbindung mit der Eigenart des Nestplatzes“ (Gesamtausgabe S.124). Tja, nur schade ist man in der Regel kein erfahrener (Wald-)Ameisenforscher :fettgrins:
Die typischen Nestformen sind nach Gösswald erst bei ausgewachsenen Ameisenvölkern, also nach etwa 5 Jahren zu erkennen. Und Gösswald weist später im Buch explizit darauf hin, dass die Umgebung und die Bodenbeschaffenheit (Lichteinfall, Wärme, Bodenfeuchtikeit, Baumarten etc.) ebenfalls einen Einfluss auf die Nestform haben.

Anbei habe ich versucht eine kleine Übersicht zusammenzustellen. Als Quelle dienten:
- Karl Gösswald - Die Waldameisen, Biologie, Ökologie und forstliche Nutzung
- Bernhart Seifert -Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas
- Dieter Bretz - Waldameisen Fiebel
Falls ich bei der Aufstellung da unten etwas vergessen oder verdreht habe, bitte ich um Ergänzung oder Berichtigung!

Untergattung: Formica sensu stricto

Formica (F. s. str.) aquilonia (Schwach beborstete Gebirgswaldameise)
Monetane bis subalpine Zonen, z.B. in den Ostalpen bis auf 2400 m. ü. M. vorkommend. In Deutschland nur im östlichen Teil der Bayrischen Alpen, in der Schweiz nur in Graubünden. Baut in schattigen Fichtenwäldern grosse, hohe Nester, die aber deutlich kleiner bleiben als die von F. polyctena. Kann hohe Nestdichte erreichen.

Formica (F. s. str.) lugubris (Stark beborstete Gebirgswaldameise)
Lebt hauptsächlich in Nadelwälder monetaner und subalpiner Zonen. Im Alpenraum 550 – 2400 m.ü.M. Eher flachere Nester als F. aquilonia. Harzklümpchem im Nest sind typisch.

Formica (F. s. str.) paralugubris
Lebensraum: Monetane bis subalpine Nadel- und Nadelmischwälder. Nordalpenin und Westalpen. In Deutschland nicht Nachgewiesen. In der Schweiz nur im Kanton Graubünden. Baut laut Seifert Nester mit maximal 160 cm Durchmesser und verbaut Harzkügelchen in beinahe allen Nestern.

Formica (F. s. str.) polyctena (Kahlrückige Waldameise)
Die Art kann nach Gösswald bis zu 70. Jahre am gleichen Standort bleiben, typisch sei aber für die stark polygyne Art, dass die Nester wandern und dass es zu Zweignestbildungen kommt. Laut Seifert ist die Nestlage sehr variabel und kann von zwei Meter hohen Hügeln im schattigen Wald bis zu flachen oder gar in den Boden eingetieften Deckschichten aus Pflanzenmaterial an stark besonnten Stellen reichen. Flächendeckendes Vorkommen vom Flachland bis ins Mittelgebirge. Typischer Lebensraum sind Waldränder, aber auch das Bestandesinnere von Nadel- und Mischwäldern. Nester offenbar immer mit Holzkern. Baut die grössten Waldmeisennester, die von ausgedehnten Erdauswurfringen umgeben sind.

Formica (F. s. str.) pratensis (Wiesen-Waldameise)
Baut im offen Gelände auf Wiesen, an lichten Stellen im Wald oder an Gehöltzsäumen eher flache Nesthügel. Charakterisch ist das Fehlen von Baumstrünken in der Nestmitte. Dafür werden oft Kiesel oder Sandkörner eingebaut. Zum Teil von Vegetation eingewachsene Nester. Nestkuppel bleibt aber stehts frei von Pflanzen. Legt Strassen an, auf denen sie die Bodenvegetation entfernt. F. pratensis lagert ihren Abfall ausserdem unterhalb der tiefsten bewohnten Nestkammer, nicht wie die andern Formica-Arten ausserhalb des Nestes. Kommt bis zu 1500 m ü. M. vor.

Formica (F. s. str.) rufa (Rote Waldameise)
Typisch für die monogynen Völker ist offenbar die hohe, halbkugelige Kuppelform. Die Art kommt gewöhnlich an Orten mit feuchten Böden vor. Tendenziell eher an Randlinien der Wälder als im Bestandesinneren. Das Nestmaterial ist eher grob, der Erdauswurf um das Nest herum eher gering.
Die Nester der polygynen F. rufa bestehen aus feinerem Material und sind nach Gösswald infolge „häufiger Wanderung und Aufteilung in der Regel wesentlich kleiner". Laut Seifert sind die Nester polygyner Völker sehr variabel.

Formica (F. s. str.) truncorum (Strunkameise)
Grössere Nesthaufen kommen laut Gösswald vor, öfter finden sich aber unmittelbar nebeneinander einige kleine Nesthäufchen von 20 cm Höhe und Durchmesser. Der typische Lebensraum sind Lichtungen im Wäldern, Waldränder, buschbewachsener Trockenrasen sowie besonnte Felskuppeln und steinige Böschungen.

Formica (F. s. str.) uralensis
(Uralameise)
Oft im Gehölz am Rand von Moorgebieten (Flach und Übergangsmoore) aber auch in trockenen Heidegebieten vorkommend. Die Nestkuppeln können sowohl Fichtennadeln als auch Ried- bzw. Binsengras enthalten (Gösswald). Initial sind die Nester laut Seifert oft in grossen Gras- oder Moosbulten, die im Laufe der Jahre ausgehöhlt oder überbaut werden. Typisch für die Nester ist ein locker mit Zweigen versehener Hohlraum in der Nestmitte. Die Nester sind in der Regel zwischen 25 cm und 70 cm hoch und haben einen Durchmesser von 50-100 cm.

Untergattung: Coptoformica (Kerbameisen)

Formica (C.) exsecta (Grosse Kerbameise)
Charakteristisch sind kleine bis mittelgrosse Nester mit einem Kuppeldurchmesser von 30 bis 60 cm. Das Nestmaterial besteht meist aus trockenen Grashalmstückchen. Als Standort bevorzugt die Art (Mager-)Wiesen oder trockene, lichte Stellen im Wald.

Untergattung: Raptiformica (Raubameisen)

Formica (R.) sanguinea (Blutrote Raubameise)
Sehr variabel im Nestbau. Manchmal unscheinbare Ansammlungen von Vegatablien. Kleinere Hügelnester kommen ebenso vor wie reine Erdnester oder Untersteinnester. Die Art bevorzugt trockenwarmen Boden.
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Merkur » Dienstag 23. Juni 2015, 08:31

Es ist schon etwas verwirrend; man muss die Beiträge sehr sorgfältig lesen:

Boro viewtopic.php?f=16&t=1027&view=unread#p7934
Aha, jetzt hab ich`s geschnallt: Bilder v. den Ameisen in der Schutthalde haben wir noch garnicht gesehen. Dann bleibt ja noch Hoffnung für F. truncatus...... Er hält Waldameisen zu Hause? Ich hoffe nur ganz vorübergehend!

Er hält Raptiformica sanguinea (aus einem Shop), von denen er die zwei Bilder # 3 und 4 eingestellt hat, als Beispiel dafür, was er mit seiner Kamera leisten kann. Ich habe die beiden Bilder bearbeitet, so dass man mehr Einzelheiten erkennen kann. Leider ist darauf dennoch nicht das Merkmal des eingekerbten Clypeus erkennbar, aufgrund ungünstiger Aufnahmewinkel.

Trailandstreet
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Hallo Boro, er hält offenfbar Raptiformica zu Hause und die beiden letzten Bilder sind anscheinend Beispielbilder des Shops. Ob die tatsächlich Raptiformica zeigen, ist allerdings fraglich. Manchmal kommen ja auch ähnliche Bilder zum Einsatz.

Es sind keine Beispielbilder des Shops!
FooFighter schreibt ausdrücklich:
Um Missverständnisse zu vermeiden habe ich die Bilder nummeriert. Bilder 3 und 4 sind nur Beispielbilder um die zu zeigen welche Bildqualität ich maximal hinbekomme. Die Art auf Bild Nr. 3 und 4 sollte stimmen da sie von einem gewerblichen Händler stammen. viewtopic.php?f=16&t=1027&view=unread#p7927

Schlussendlich sollte FooFighter tatsächlich 2-3 Ameisen von dem Schutthalden-Nest zur Bestimmung einsenden, ob an Boro oder Merkur ist egal.
Mein Tipp ist, dass auf der Schutthalde Raptiformica sanguinea leben!

MfG,
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon FooFighter » Dienstag 23. Juni 2015, 19:29

Heute habe ich das Nest nochmal besucht, diesmal mit etwas verbesserter Ausstattung. Ich habe einige Arbeiterinnen unter einer Lupe untersucht und es gibt tatsächlich einen ziemlich unscheinbaren schwarzen Fleck auf dem Thorax. Der Schwarzanteil ist sehr gering, aber trotzdem vorhanden. Die Durchschnittsgröße der meisten Arbeiterinnen ist ca 8-9mm. Vereinzelt,vor allem im Nestbereich waren, auch kleiner Exemplare vorhanden.

Ich habe zudem eine Gyne im unmittelbaren Nestbereich (3m) gefunden,fotographiert und freigelassen. Die Gyne lief unbehelligt neben ein paar fourangierenden Arbeiterinnen umher. Die " Verteidigungshaltung" der Ameisen konnte ich auch mehr oder weniger gut festhalten, mit Säure wurde ich dieses mal allerdings nicht attackiert.

Da das Fotographieren sich aufgrund des losen Untergunds und der steilen Hanglage ziemlich schwierig gestaltete habe ich vier Arbeiterinnen mit nach Hause genommen. Falls die Bestimmung mit den Fotos nicht klappt (was ich für ziemlich wahrscheinlich halte) versende ich diese gerne.
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Formia sp.png
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Formica sp2.png
6. Schwarzer Bereich am oberen Teil des Thorax ?
Formica sp3.png
7. Verteidigungshaltung
Formica sp6.png
8. Gyne (gefunden in unmittelbarer Nähe des Nests)
Formica sp5.png
9. Gyne
Unbenannt.png
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon kaputtinhollywood » Dienstag 23. Juni 2015, 20:12

Hallo,
zwar sind die Bilder eine genaue Bestimmung nicht geeignet, sie sind dennoch so aussagekräftig um Formica truncorum, sanguinea und pratensis ausschließen zu können. Formica rufa wäre mein Verdachtskandidat.

An besonders warmen/sonnenexponierten Standorten (wie Heide oder Binnendüne) habe ich alle möglichen Nesttypen gesehen: den klassichen Halbkugel-Kuppelbau, in Baumstümpfen mit wenig bis viel Anhäufung pflanzl. Materialien und sogar eingetieft in den Boden liegende Nester.
In der Fischbeker Heide beispielsweise sind Nester von pratensis, sanguinea und rufa mitunter nur dadurch zu unterscheiden, wenn man sich die Ameisen genauer anschaut.

EDIT:
Anbei noch ein Foto eines Formica rufa Nestes (südliche Ausrichtung in heideähnlicher Landschaft), das auch nicht unbedingt dem klassischen Hügelbau entspricht.
IMG_4216.jpg


EDIT2:
Das Nachbarnest (ebenfalls Formica rufa) einige Meter entfernt. Platt wie ein Pfannkuchen im Gras. Kein Kuppelbau, kein Baumstumpf.
Bild 038.jpg
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Re: Hügelform bei Formica rufa/polyctena

Beitragvon Boro » Dienstag 23. Juni 2015, 21:30

Die Bilder sind für eine Bestimmung auf Artniveau nach wie vor nicht geeignet, das müssten Makro-Aufnahmen sein.
Die abgebildete Gyne kann man mit einiger Sicherheit F. rufa od. F. polyctena zuordnen, die Arbeiterinnen möglicherweise ebenfalls. Ganz geklärt ist der Fall trotzdem nicht: Was macht eine dealate Gyne auf der Nestoberfläche? Die Schwarmzeit für beide genannten Arten ist bei 200 m Seehöhe längst vorbei. Sollte es sich um ein Nest dieser Arten handeln, wäre der Standort in einer (heißen) Schutthalde extrem ungewöhnlich (siehe auch die Niederschrift der Erkenntnisse v. Meister Gösswald durch Reber).
Der Fall sollte jedenfalls geklärt werden!
Hallo FooFighter: Kannst du bitte noch eine Aufnahme des gesamten Habitats (einschließlich der besagten Lachniden-Bäume) nachreichen. Der bisher abgebildete Detailausschnitt des Habitats hat wenig Aussagekraft!
Hallo kaputtinhollywood: Ich könnte mir vorstellen, dass die angesprochene Fischbeker Heide in Norddeutschland und eine südexponierte Schutthalde im Saar-Moselgebiet andere klimatische Voraussetzungen schaffen: Hier haben wir das stark ozeanisch geprägte Klima bei Hamburg und dort das Weinbauklima zw. Saar u. Mosel. Die Unterschiede sehen wir schon daran, dass bei einigen Ameisenarten die Verbreitungsgrenze bei 52° od. 53°n.B. liegt (siehe SEIFERT). Es ist also denkbar, dass einigermaßen thermophile Arten (wie z. B. F. rufa) etwas andere Habitate als Lebensraum auswählen bzw. weniger Abschattung vertragen als weiter im Süden.
Bei Bild 2 sehen wir eine typische Sonnung, diese muss nicht auf dem Nest stattfinden!
L.G.
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