Die Granivorenecke [Messor, Pogonomyrmex etc..]

Hier können Fragen rund um das Thema Ameisenhaltung gestellt werden.

Re: Die Granivorenecke [Messor, Pogonomyrmex etc..]

Beitragvon Merkur » Donnerstag 31. Dezember 2020, 21:14

Eine Originalarbeit über die Ernährung einer Messor-Art:

Delage, B. Recherches sur l'alimentation des fourmis granivores Messor capitatus Latr.. Ins. Soc 9, 137–143 (1962). https://doi.org/10.1007/BF02224260
(Untersuchungen über die Ernährung der körnerfressenden Ameise Messor capitatus Latr.) https://link.springer.com/article/10.1007/BF02224260

Summary
This paper is concerned with the method of alimentation of the Granivorous Ant Messor capitatus Latr..
Before ingestion, seeds are first masticated, then licked for a long time until they are impregnated with saliva.
We have demonstrated that the saliva has a hydrolysing action which transforms the starch into sugars.
Moreover, two very active enzymes — an amylase and a maltase — have been isolated in the labial salivary glands.
Although an amylase also seems to be produced by the stomach the two enzymes are not secreted by the pharyngial or maxillary glands.

Diese Arbeit befasst sich mit der Ernährungsweise der granivoren Ameise Messor capitatus Latr..
Vor der Aufnahme [in den Verdauungstrakt] werden die Samen zuerst klein gekaut, dann für lange Zeit beleckt, bis sie mit Speichel getränkt sind.
Wir zeigen, dass der Speichel eine hydrolysierende Wirkung hat, durch die Stärke in Zucker umgewandelt wird.
Weiterhin wurden zwei sehr aktive Enzyme – eine Amylase und eine Maltase – aus den labialen Speicheldrüsen isoliert. [Amylase spaltet Stärke, Maltase spaltet Maltose, ein Abbauprodukt von Stärke. Die Speicheldrüsen liegen im Thorax, ihr Ausführgang mündet auf dem Labium, deshalb „labiale“].
Obwohl eine Amylase anscheinend auch im Magen [= Mitteldarm, der eigentlich verdauende Teil des Darmtrakts] produziert wird, werden die beiden Enzyme nicht von den Pharynx- oder Maxillardrüsen abgesondert.

Das wurde bereits 1962 publiziert. Neuere Arbeiten, die dem entgegenstehen würden, kenne ich nicht. (Wäre, wie immer, dankbar für Hinweise auf abweichende wiss. Ergebnisse!)

MfG,
Merkur
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Re: Die Granivorenecke [Messor, Pogonomyrmex etc..]

Beitragvon Trailandstreet » Donnerstag 7. Januar 2021, 08:16

Ich hab schon überlegt, ob ich diesen Beitrag denn kommentieren sollte, hab es dann aber doch gelassen.
Ja, es mag schon sein, dass sich bei genügend Feuchtigkeit und passendem Raumklima Pilzsporen darauf niederlassen und zu wachsen beginnen, aber ich würde mich ja auch nicht als Pilzzüchter bezeichnen, nur weil mir ab und zu das Brot verschimmelt.
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Re: Die Granivorenecke [Messor, Pogonomyrmex etc..]

Beitragvon Reber » Mittwoch 1. Januar 2025, 23:05

Haltungserfahrungen mit Pogonomyrmex barbatus

20250101 Pogonomyrmex barbatus Nestkammer.JPG
Die Gyne im Nest

Da ich nicht genug Zeit habe, einen Haltungsbericht zu der nach wie vor beliebten Art zu schreiben, will ich in diesem Beitrag die wichtigsten Haltungserfahrungen, die ich mit Pogonomyrmex barbatus gemacht habe, hier mit euch teilen.

Die rote Ernteameise fasziniert mich seit langer Zeit, «mitschuldig» sind u. a. Bilder in den Ameisenbüchern von Hölldobler und Wilson. Die Insekten sind leuchtend rot wie Manica rubida, dafür mit bulligem Kopf wie bei Messor. Mit besagter Gattung teilen sie ihre Vorliebe für Körner und Grassamen. Allerdings sind Pogonomyrmex barbatus weit weniger «tollpatschig» und um einiges wehrhafter als z. B. Messor barbarus und können stechen.

Gründung: Die Ameisen sind in der Gründung sehr heikel. Davon zeugen viele Haltungsberichte und auch meine eigene Erfahrung. Ich habe 2015 und 2020 je einen gescheiterten Gründungsversuch zu verzeichnen. Beim dritten Anlauf 2021 hat die Gründung zum Glück funktioniert. Allerdings nicht ganz von Null an, die Gyne kam mit kleinen Larven und einer ersten Arbeiterin bei mir an. Erst nach sechs Wochen schlüpfte die zweite Arbeiterin (also die erste bei mir).

Pogonomyrmex barbatus mit ersten Arbeiterinnen.JPG
Gyne mit ersten Arbeiterinnen

Reagenzglas: War mit etwas Sandboden versehen (die Gyne findet auf Glas schlecht Halt und bearbeitet gerne Sand und Watte), abgedunkelt - die Gyne reagiert auf Störungen durch Licht (aber wirklich massiv reagiert die Art auf Erschütterungen) und der Eingang mit einem Wattestopfen und einer kleinen Schlauchöffnung verengt (der Eingang wird tagsüber mit Sand zugebaut).

Becken: Das kleine Becken war ebenfalls mit Sand als Bodengrund versehen. Einige Steine und Wurzeln dienen als Versteck und Orientierung.

Temperatur: Im Becken und Nest tagsüber (ca. 14 Stunden) 27 °C – 29 °C, in der Nacht 22 °C – 23 °C

Futter: kleine Körnchen, darunter Chia-Samen und tote kleine Fruchtfliegen. Kein offenes Wasser oder Honig anbieten, die Arbeiterinnen können darin ertrinken.


Haltung nach der Gründung

20250101 Pogonomyrmex barbatus Anlage.JPG
Anlage mit zwei verbundenen Gipsnestern und Becken

Die Ameisen leben seit drei Jahren bei mir und inzwischen in zwei Gipsnestern, die über eine Schlauchverbindung direkt miteinander gekoppelt sind. Beide Gipsnester werden konstant feucht gehalten, eines wird zusätzlich beheizt. Die Nester verfügen über je ca.8 Kammern mit einem Durchmesser von ca. 4 cm und einer Tiefe von bis zu 0,5 bis 1cm.

Becken: Die Kolonie bewohnt zwei 30cm × 20cm × 20cm grosse Becken, welche als Wüstenlandschaft mit Sandboden, Steinen und Wurzeln und ganz ohne Pflanzen gestaltet sind.
Arbeiterinnen von Pogonomyrmex barbatus bleiben gerne am Boden, sie können aber problemlos an Glas hochklettern. Die Becken brauchen also unbedingt einen dicht schliessenden Deckel. Auf weiteren Ausbruchsschutz verzichte ich, da die Ameisen wirklich selten an den Scheiben aufhalten.

Temperatur: Die Temperaturen für die Haltung liegen bei mir in der Arena tagsüber zwischen 22 und 26°C und nachts zwischen 19 und 21 °C (abhängig von der Jahreszeit). Mindestens ein Nest beheize ich während 9 Monaten auf rund 28°C tagsüber für ca. 14 Stunden.

20250101 Pogonomyrmex barbatus Nestkammer Brut.JPG
Nestkammer mit Brut

Winterruhe: Während fast drei Monaten (Oktober bis Dezember) stelle ich die Heizmatte ab und halte die Ameisen bei Raumtemperatur zwischen 19 und 21 °C. Die Gyne stoppt daraufhin das Eierlegen und die Ameisen haben keine oder nur noch sehr wenig Brut.

Futter: Pogonomyrmex barbatus benötigen hauptsächlich Körner (ich reiche Futtermischungen für Kanarienvögel, Löwenzahnsamen, Grassamen...) und auch tote Insekten. Sie sind zwar in der Lage, Futtertiere zu töten, sind aber sehr schlechte Jäger. Viel lieber nehmen sie frisch überbrühte Insekten an.

2024 Pogonomyrmex barbatus Kornkammer.JPG
Kornkammer im Nest

Sie zeigen im Vergleich zu anderen Ameisen nur geringes Interesse an Zuckerwasser oder Honig. Trotzdem füttere ich ab und zu Honigwasser, wobei mir nicht klar ist, ob sie sich mehr fürs Wasser als für den Honig interessieren. Wasser biete ich regelmässig in geschlossenen Tränken an.

20250101 Pogonomyrmex barbatus Honig.JPG
Wenig Interesse an Honig
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